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Unglaublicher Wille: Dezimierte Zebra-Herde besiegt Veszprem

Champions League

Unglaublicher Wille: Dezimierte Zebra-Herde besiegt Veszprem

Die Sparkassen-Arena. Ein Tollhaus. Die Mannschaft des THW Kiel: Eigentlich zu kaputt zum Jubeln. Eigentlich. Als Dominik Klein, mehr als acht Monate nach seinem Kreuzbandriss, vier Sekunden vor dem Ende das entscheidende 25:24 (11:13) gegen den letztjährigen Finalisten der "VELUX EHF Champions League" und aktuellen Tabellenführer der Gruppe A, MVM Veszprem aus Ungarn, erzielt, gibt es kein Halten mehr. Auf dem Feld und auf den Rängen. 10.285 Zuschauer feiern minutenlang, und die "Zebra-Herde" stürzt auf Klein zu, der in der Jubeltraube untergeht - dieser Kieler Sieg des Willens gegen einen übermächtig erscheinenden Gegner war ein ganz besonderer.

Vujin bester Torschütze

Im kollektiven Jubel ging beinahe unter, dass Erlend Mamelund beinahe 60 Minuten lang im Angriff und in der Abwehr für den Sieg geackert hatte, im Mittelblock den gesperrten Domagoj Duvnjak und auch noch den wegen Wadenproblemen nicht einsatzfähigen Joan Canellas ersetzt hatte. Auch der grandiose Auftritt von Christian Dissinger, der sechs Treffer erzielte und als Regisseur die "Zebras" zum Sieg führte, entlud sich nach dem Schlusspfiff im wilden Feier-Treiben. Marko Vujin, mit 8/6 Toren bester Torschütze und Vorlagengeber zum entscheidenden Treffer, wollte gar nicht mehr vom Feld: "Was für eine gigantische Stimmung", entfuhr es dem Linkshänder, der den starken Niklas Landin wild herzte. Eben ein besonderer Handball-Nachmittag ... 

Klein trifft zum Ausgleich

So ging es in die letzten sechs Minuten einer intensiven Partie - und das mit einem 22:22-Gleichstand, den Landin mit einem festgehaltenen Palmarsson-Wurf einleitete. Nach 55:13 Minuten schickte Gislason Dominik Klein aufs Feld - und riss mit dieser Einwechslung die Fans von den Sitzen. Glich die Arena vorher schon einem Tollhaus, drohte nun wirklich das Dach abzuheben. Klein schien zunächst ein tragischer Held zu werden, sein erster Wurf nach Sulics 23:22 ging ans Außennetz. Aber Vujin stiebitzte sich hinten den Ball, und der nächste Klein-Wurf war drin: Nach mehr als acht Monaten Pause und langer Reha traf der Linksaußen erstmals wieder ins Tor. 23:23. Noch zweieinhalb lange Minuten waren da zu spielen.

Neuer Angriff braucht Zeit

Der hatte bereits mit viel Leidenschaft und Willen begonnen - und einer ungewöhlichen Aufstellung, in der Erlend Mamelund auch im Angriff eingesetzt wurde und Christian Dissinger auf der Mitte spielte. Die "Zebras", von Beginn an mit dem Rückenwind ihrer Fans, benötigten etwas Zeit, um in der Offensive mit dieser neuen Konstellation zurecht zu kommen. Und so jubelten zunächst die 120 mitgereisten Veszprem-Fans über das 2:0, das der unglaublich präsente Dissinger nach Doppelpass mit Vujin in der fünften Minute ausglich. Und besser noch: Nach der erneuten Führung der Gäste jagte Dissinger die Schnelle Mitte in den Kasten, ließ eine Fackel bei angezeigtem Zeitspiel folgen, und als kurz darauf Rune Dahmke von Landin geschickt wurde, führte der THW Kiel urplötzlich mit 5:3 (12.).

Gäste gehen mit vier Toren in Führung

Die Gäste glichen nach Fehlern der Kieler immer wieder aus, und Vujins 7:6 (19.) sollte die vorerst letzte Führung der Gastgeber bleiben: Die hatten fortan Problem, die starke ungarische Deckung mit Torhüter Mirko Allilovic zu bezwingen. Es fehlten ihnen die so genannten einfachen Tore, die Laszlo Nagy auf der Gegenseite erzielte. Und so drohte den "Zebras" fünf Minuten nach Vujins 7:6 richtig Ungemach, weil die Gäste durch Nagy, Margucs Siebenmeter, Nilssons Überzahltreffer und zwei Gegenstößen nach Allilovic-Paraden ihrerseits mit 11:7 in Führung gingen, was THW-Trainer Alfred Gislason mit einer Auszeit beantwortete.

Mittwoch Heimspiel gegen Balingen

Nach dem letzten Königsklassen-Spiel der "Zebras" im Jahr 2015 richtet der THW Kiel sein Augenmerk in den kommenden Tagen und Wochen auf die DKB Handball-Bundesliga und den DHB-Pokal: Am Mittwoch empfangen die Kieler HBW Balingen-Weilstetten zum Liga-Duell. Für die Partie, die um 20:15 Uhr angepfiffen und nicht live übertragen wird, gibt es noch Tickets in fast allen Kategorien (jetzt Karte kaufen!). Danach geht es am Sonntag zum Aufsteiger SC DHfK Leipzig (15 Uhr, live auf Sport1), ehe am Mittwoch darauf der Fördegipfel im DHB-Pokal gegen die SG Flensburg-Handewitt auf dem Programm steht. Auf geht's, Kiel!

Katsigiannis trifft

Er brachte Nikolas Katsigiannis für Landin und schickte Steffen Weinhold auf die Mitte - goldene Schachzüge. Der eine, Weinhold, traf zum 8:11. Der andere, Katsigiannis, hielt drei Bälle und machte quer über das Feld das Tor zum 9:11. Veszprem hatte dem nur Aron Palmarsson entgegen zu setzen: Der Isländer war mit großem Jubel an alter Wirkungsstätte begrüßt worden und traf die Aufholbemühungen des THW mit seinem Tor zum 12:9 ins Mark - allerdings nur kurz: Vujin und Dahmke schafften doch noch den Anschluss, und so gingen die Kieler dank eines 4:1-Laufes in den letzten fünf Minuten der ersten Hälfte nur mit einem 11:12-Rückstand in die Kabine.

Veszprem führt, der THW gleicht aus

Aus dieser kam der THW mit Vujins Siebenmeter zum 12:12, ehe sich die Waagschale wieder einmal Richtung Veszprem neigte: Die Ungarn gingen mit zwei Gegenstößen wieder in Führung und behaupteten den Zwei-Tore-Vorsprung bis zum 16:14 (37.), verpassten es aber dank großartiger Landin-Paraden, diesen auszubauen. Als Weinhold in Unterzahl von Halblinks traf und kurz darauf noch einen Siebenmeter herausholte, den Vujin sicher verwandelte, war die Leidenschaft wieder zurück. Um jeden Zentimeter wurde nun gekämpft, Fans und Spieler pushten sich gegenseitig nach vorn. Doch es blieb dabei: Der THW Kiel schaffte zwar den Ausgleich, ging aber nicht in Führung, weil Nilsson nun immer wieder die Lücke im THW-Deckungsverband fand. 

Riesen-Jubel nach einem Riesen-Spiel

Die "Zebras" schienen sich nun förmlich zu zerreißen - auf der Bank und auf dem Feld. Doch Veszprem blieb kühl, schaffte durch Nilsson das 24:23, Vujin netzte seinen sechsten von sieben Siebenmeter zum 24:24 ein. Da waren noch 113 Sekunden zu spielen. Die Kieler erkämpften sich den Ball, doch einmal mehr wurde dieser wegen eines Fouls zurückgepfiffen. Da waren es noch 48 Sekunden - und Veszprem hatte die Chance auf den Siegtreffer. Nagy übernahm Verantwortung, doch Landin hielt - 34 Sekunden vor dem Ende hatte der THW wieder die Chance auf zwei Punkte - und nutzte sie: Vujin sah den freien Dominik Klein auf Linksaußen, und der "Comebacker" jagte den Ball zum 25:24 ins Netz. Als der finale Veszprem-Pass an den Kreis Nilsson nicht mehr erreichte, brachen alle Dämme: Klein wurde von der kompletten THW-Mannschaft geherzt, und die Fans feierten diesen unglaublichen Sieg mit minutenlangen Gesängen. Eben ein besonderer Nachmittag...