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KN: Patrick Wiencek: Er ist wieder da!

Champions League

KN: Patrick Wiencek: Er ist wieder da!

Kiel. 204 Tage. Es ist das Comeback des Jahres. Am 3. Oktober riss Patrick Wiencek im Champions-League-Gruppenspiel gegen die SG Flensburg-Handewitt das Kreuzband. Am 24. April im Viertelfinal-Hinspiel gegen den FC Barcelona ist der 2,01 Meter große und 108 Kilogramm schwere Abwehr-Stratege und Kreisläufer des Handball-Rekordmeisters THW Kiel wieder da. Wieder da? Es bedürfte einer Steigerung von "da". Mittendrin. Überall. Es ist eine Mischung aus Aura, Radius und Kraft des 27-Jährigen. Piet ist einer seiner Spitznamen in Zebra-Kreisen, Bamm-Bamm der andere. Sein Auftritt gegen Barcelona ist eher Bang! Boom! Bang!

Zebra-Kreisläufer feierte ein phänomenales Comeback

Alles fängt mit einem für Wiencek "unwirklichen Moment" an. Besprechung in der Kabine, THW-Coach Alfred Gislason fragt: "Kannst du spielen?" Wiencek nickt. Er kann. Dann die klare Ansage, man wolle mit einer 6:0-Deckung mit Sprenger, Weinhold, Wiencek, Brozovic, Duvnjak und Klein beginnen. "Sechs Monate lang war ich nie richtig dabei, auf einmal mittendrin. Das war ein komisches Gefühl, das dann aber auch ganz schnell verflogen war, als es losging." Sechseinhalb Monate, 204 Tage lang hatte sich der große Blonde mit der defensiven Brachialkraft zurückgekämpft, in der Reha an sich, seinen Muskeln, den Bewegungen gefeilt, Täler durchschritten. Und dann diese Rückkehr. "Eine Ehre, in so einem Spiel dabei zu sein. Und das Publikum war noch Extra-Motivation." Ein "paar Dinge" würden noch fehlen, seitliche Bewegungen zum Beispiel. Oder die Luft. Aber für 40 Minuten reicht es gegen die Katalanen. Wiencek steht neben Winter-Transfer Ilija Brozovic. "Komisch, dass René (Toft Hansen, d. Red.) nicht neben mir steht", denkt er sich. Aber er hatte in den vergangenen Wochen auch die Abläufe des Kroaten studiert. Im Spiel wird verschoben, werden Schnittmengen vergrößert, wird Hilfe für den nächsten, den übernächsten Mann von Wiencek kultiviert, der Raum für den Gegner vakuumiert. Kurzum: Seine Pranken sind hier, sind dort. Alfred Gislason gerät später ins Schwärmen: "Das war überragend, was er der Abwehr gegeben hat. Er und Brozovic haben gespielt, als würden sie sich ewig kennen." Irgendwann tritt der Spanier Joan Cañellas an Wienceks Stelle, als dessen Luft doch nicht ganz reicht. Auch er will von sich ablenken, sagt nach "unserem besten Spiel der Saison": "Das war gewaltig, was Patrick geleistet hat." Relativ schnell sei nach einem Kreuzbandriss die Rückkehr nach nur sechseinhalb Monaten, erklärt THW-Mannschaftsarzt Dr. Detlev Brandecker, sieben bis acht seien eher normal. "Aber Patrick hat gute Muskelarbeit geleistet, hat eine gute Veranlagung." Auch Brandecker kann seine Freude nicht verbergen: "Diese Leistung von Patrick, das waren Glücksmomente - für die Ärzte, die Physios, das Trainerteam und am meisten für ihn selbst." Kontakt zu Bundestrainer Dagur Sigurdsson habe es, so Wiencek, seit Sonntag nicht gegeben. "Mein Fokus liegt auf dem Rückspiel, da haben wir nicht die 10 000 im Rücken", sagt der Familienvater. Ins Final Four der Königsklasse in Köln einzuziehen, sei "das Größte für jeden Handballspieler", sagt Wiencek. Auch die Meisterschaft habe er noch nicht abgeschrieben. Und die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro? "Der Bundestrainer hat die Qual der Wahl. Ich will meine Leistung bringen, alles geben und hoffe, dass ich eine Möglichkeit bekomme." Am Dienstag haben die THW-Spieler von Alfred Gislason frei bekommen. Ein freier Tag mit Fabiane und Tochter Lotta? "Die Reha geht auch nach meinem Comeback weiter, ich muss mein Programm durchziehen", sagt Wiencek, dem nach dem Match "erstaunlicherweise nichts wehtat". Perfekte Voraussetzungen für das Rückspiel. Bang! Boom! Bang! Patrick Wiencek ist - wieder da! (von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 27.04.2016, Foto: Sascha Klahn)