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KN: Erklärungsversuche nach der Niederlage gegen Silkeborg

Champions League

KN: Erklärungsversuche nach der Niederlage gegen Silkeborg

Kiel. Nach der 21:24-Heimpleite des THW Kiel gegen den dänischen Meister BSV Bjerringbro-Silkeborg in der Handball-Champions-League mehren sich die kritischen Stimmen. Die sechste Niederlage im zwölften Gruppenspiel der Königsklasse ist für viele an sich schon ein Problem - noch schwerer wiegt die Art und Weise.

Schwalb: "Gislason ist ein Weltklasse-Trainer"

Mangelnde Einstellung und fehlende Konzentration sind nur zwei Aspekte, die THW-Trainer Alfred Gislason für die Pleite verantwortlich macht. Technische Fehler und Fehlwürfe in aussichtsreichsten Positionen über fast die gesamte Spieldauer, in der Schlussphase zudem kein echtes Aufbäumen gegen die drohende Niederlage - nach dem Abpfiff gellten Pfiffe und Buh-Rufe durch die Sparkassen-Arena, einige THW-Fans machten ihrem Unmut nach der dritten Champions-League-Heimniederlage in dieser Saison deutlich Luft. Und die kommende Aufgabe am Sonntag wird nicht angenehmer: Mit einer Niederlage gegen den FC Barcelona wären es vier Heimpleiten - so viele wie noch nie. "Ich habe Verständnis für die Fans und deren Reaktion", sagt Thorsten Storm. "Wir müssen zu Hause anders auftreten." Der THW-Geschäftsführer macht in Bezug auf das Spiel gegen Silkeborg klar: "Das darf uns so nicht passieren - Punkt." Vielleicht müsse jeder Einzelne in solchen Partien noch mehr raus aus der Komfortzone, aber: "Ich werde deshalb jetzt nicht alles über den Haufen werfen und in Frage stellen, was geplant ist und neu aufgebaut wird", erklärt Storm. "Ich glaube an diese Mannschaft und an unseren Weg!" Auch die Kritik an Trainer Gislason wird unter den Anhängern lauter. Beobachter wollen erkennen, dass der Isländer die Mannschaft nicht mehr erreicht, ausgebrannt ist, sein Team vor allem in Auszeiten nicht mehr wachrütteln kann. "Alfred ausgebrannt? Das sehe ich gar nicht so", sagt Storm. "Die Erfolge der letzten Jahre stehen in engem Zusammenhang mit dem Namen Alfred Gislason. Natürlich kann man sich in der Sportwelt von der Vergangenheit nichts kaufen. Aber Alfred hat mit jungen Spielern einen Neuanfang begonnen, und ich sehe, dass er alles in die Weiterentwicklung des Teams investiert." In die gleiche Kerbe schlägt Martin Schwalb, ehemaliger Trainer des HSV, dessen Geschicke er mittlerweile als Geschäftsführer leitet, der als Sky-Experte bei vielen Champions-League-Spielen des THW hautnah dabei ist. "Alfred sollte außerhalb jeder Kritik stehen. Er ist ein Weltklasse-Trainer, und ich sehe nicht, dass er die Mannschaft nicht erreicht oder ähnliches. Er tut alles und versucht alles", sagt "Schwalbe", der für Geduld im Umgang mit der neu formierten Zebraherde plädiert. "Die Mannschaft muss ein neues Gesicht und ein neues Selbstverständnis entwickeln, das muss jedem klar sein - auch jedem Fan. Das braucht Zeit." Gislason selbst lässt Unkenrufe nicht an sich heran. "Ich lese keine Internetkritiken oder sowas", sagt der 57-Jährige, der für die ihm vorgeworfene fehlende Leidenschaft eine Erklärung hat: "Dass ich nicht so brenne wie vorher, hat ganz andere Gründe: Ich kann mich in der Halle kaum bewegen", so Gislason mit Blick auf die Folgen seiner Knie-OP. Wie aber ist so ein Spiel möglich? Der Leistungsabfall im Team scheint momentan groß - zu groß, um dauerhaft auf europäischem Top-Niveau spielen zu können. Die Leistungsverteilung stimmt nicht. "Die Impulse sind auf einige wenige Spieler verteilt", sagt Ex-THW-Torhüter Henning Fritz, der am Sonnabend als Sky-Experte in der Arena war. "Steffen Weinhold fehlt dem THW aufgrund seiner Spielweise mit Zug zum Tor sehr. Es lastet zu viel auf Domagoj Duvnjak." Lukas Nilsson, Christian Dissinger, Marko Vujin, Nikola Bilyk - sie alle konnten den kroatischen THW-Kapitän nicht ausreichend entlasten. "Ich habe am Sonnabend anderen Spielern die Chance gegeben - wenn nicht in solchen Spielen, wann dann?", fragt Alfred Gislason. Und Thorsten Storm nimmt die Spieler in die Pflicht: "Sie wollen natürlich zeigen, was sie können. Aber sie dürfen dann auch nicht übermotiviert agieren", so Storm. "Jeder Trainer ist für die Einstellung und Taktik der Mannschaft zuständig, aber er kann nicht die freien Bälle selbst reinwerfen." Fakt ist: Andere Teams haben zur Zeit die Nase vorn. In Europa Paris, Barcelona, Veszprem, in der Bundesliga die Löwen, vor allem aber der Landesrivale. "Flensburg ist eingespielter und macht es momentan ein bisschen besser als wir", gibt Storm zu. "Sie stehen auf Platz eins, da wollen wir gerne wieder hin." Martin Schwalb macht den THW-Fans Mut: "Da ist so viel Qualität im Kader - manchmal geht es auch ganz schnell, bis der Sprung nach vorne kommt." (Von Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 28.02.2017, Foto: Sascha Klahn)