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THW erlebt Debakel in Paris

Champions League

THW erlebt Debakel in Paris

Der THW Kiel hat die schwerste Gruppenphase aller Zeiten mit einem Debakel beendet: Beim Titelfavoriten Paris Saint-Germain standen die "Zebras" von Beginn an auf verlorenem Posten und kassierten beim 24:42 (10:22) ihre höchste Niederlage in der Geschichte der VELUX EHF Champions League. Auf die Platzierung in der Gruppe hatte dieser mehr als gebrauchte Kieler Tag aber keine Auswirkungen: Paris zieht als Zweiter ins Achtelfinale ein, die Kieler bekommen es als Fünfter in der K.o.-Runde mit den Rhein-Neckar Löwen zu tun. 

KN: THW Kiel kassiert Nierlage

Paris. Der THW Kiel hat zum Abschluss der Gruppenphase in der Handball-Champions-League eine historische Niederlage kassiert. Das 24:42 (10:22) beim Star-Ensemble von Paris Saint-Germain ist die höchste Pleite in einem internationalen Vergleich überhaupt. „Die Punkte sind egal, aber die Art und Weise ist ein herber Rückschlag“, sagte THW-Trainer Alfred Gislason nach einem Duell, das auf den Ausgang der Gruppe A keine Auswirkungen mehr haben sollte, die Zebras vor dem Achtelfinale in der Königsklasse gegen die Rhein-Neckar Löwen aber gehörig aus der Bahn warf. Noch am Vorabend unternimmt die Generation „Jahrgang 90 plus“ um Andreas Wolff und Rune Dahmke einen Ausflug zum illuminierten Eiffelturm. Paris präsentiert sich frühlingshaft, die Kieler können die schlechten Gedanken vom letzten Besuch in der französischen Hauptstadt im November 2015 abstreifen, als unmittelbar nach den Terroranschlägen alles so schwer und belegt war. Draußen scheint die Sonne bei 18 Grad, und im Stade Pierre de Coubertin, der sich für die Olympia-Bewerbung 2024 ein wenig herausgeputzt hat, nimmt das Unheil doch ganz schnell seinen Lauf. Alfred Gislason verzichtet als Vorsichtsmaßnahme auf Patrick Wiencek (Oberschenkelverhärtung), formiert den Abwehr-Mittelblock mit René Toft Hansen und Domagoj Duvnjak und überrascht mit Blazenko Lackovic im linken Rückraum. Kurze Bestandsaufnahme nach 15 Minuten: Paris liegt mit 12:5 in Führung, spielt den THW mit Tempo, schneller Mitte, galaktischem Umschaltspiel und einem gut aufgelegten Thierry Omeyer im Tor an die Wand. Zugegeben, das russische Schiedsrichtergespann pfeift schlecht. Ja, bei dem einen oder anderen Pfostentreffer haben die Kieler Pech. Aber: Das, was Gislason später als „skandalös schlecht“ bezeichnet, ist defensiv desolat, zuweilen peinlich und eines vermeintlichen Spitzenspiels gegen die Mannschaft von Ex-THW-Trainer Noka Serdarusic, die noch im Hinspiel mit 28:27 bezwungen wurde, nicht würdig. Die eingewechselten Dissinger, Brozovic, Bilyk können daran im ersten Abschnitt nichts ändern. So sieht es noch nicht einmal besonders bemüht aus, wie Megastar Mikkel Hansen da mit seinem Markenzeichen-Move gegen die Hand wie das heiße Messer durch die Butter durch die Kieler Deckung geht (13:5/16.). Ein Tempogegenstoß jagt den nächsten, Uwe Gensheimer zeigt einer ganzen Zebraherde immer wieder die Hacken. Niklas Landin und ab der 18. Minute Andreas Wolff im Kieler Tor können einem leidtun. Das Bild ändert sich auch nach der Pause nicht. Nach seiner 15. Parade (gegen Rune Dahmke/41.) nimmt Serdarusic seinen Keeper Omeyer vom Feld. So sieht Mitleid aus. Die Kieler Deckung wird: übersprungen, überlaufen, hinterlaufen. Irgendwann denkt sich Nikola Karabatic: Ich könnte ja bei neun Metern einfach aus dem Stand hochspringen und werfen. Funktioniert auch (29:16/43.). Da ist auch der leicht angeschlagene René Toft Hansen längst erlöst. Ohne den etatmäßigen Mittelblock gerät alles ins Schwimmen. Christian Zeitz sprintet zurück, kann nichts gegen das 33:18 tun (47.), dreht sich um: keiner da! Da wird auch der Routinier laut, ihm platzt der Kragen. Am Ende gibt der überragende Nikola Karabatic noch eine Lektion in Sachen Kreisanspiel, bedient Jesper Nielsen dreimal in kurzer Folge. Serdarusic setzt mittlerweile auf die zweite Garde, auf Dylan Garain (20), Nedim Remili (21), Dylan Nahi (17), Benoit Kounkoud (20). Remili, Konkoud und zweimal Garain schrauben den Vorsprung kurz vor dem Ende auf 42:23 in die Höhe, machen die Demütigung perfekt. Alfred Gislason ist um Beherrschung bemüht: „Wer so spielt, der darf sich nicht wundern, wenn er in Paris so untergeht.“ (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 13.03.2017)

Wiencek musste passen

Eine Hiobsbotschaft gab es für die Kieler bereits vor dem Anpfiff: THW-Trainer Alfred Gislason musste in Paris auf den angeschlagenen Patrick Wiencek verzichten, der in den vergangenen Spielen so überragende Mittelblock mit Rene Toft Hansen war bereits vor dem Anpfiff gesprengt. Und doch wollten die Kieler den Schwung aus dem Unentschieden gegen den FC Barcelona und dem hohen Sieg gegen den VfL Gummersbach mitnehmen. Ein Unterfangen, dass in den ersten Minuten noch funktionierte. Blazenko Lackovic, in der Startformation aufgeboten, verkürzte mit einem Aufsetzer auf 2:3, und Marko Vujin - am Ende mit fünf Toren bester Kieler Torschütze - sorgte mit einem spektakulären Tor für das 3:4. Das Unheil nahm mit einem Lattentreffer von Domagoj Duvnjak seinen Lauf: Gensheimer traf im Gegenzug, der starke Thierry Omeyer parierte einen Toft-Wurf, Gensheimer traf im Gegenzug zum 6:3. Dann schnappte sich Omeyer einen Lackovic-Wurf, ein Pfiff nach klarem Foul an Toft blieb aus: 3:7. Als Dann auch noch Gensheimer per Latte auf Abalo vorlegte, endeten zwei ganz bittere Minuten mit dem 8:3 für die Gastgeber. 

Zwölf Tore Rückstand zur Pause

Gislason versuchte, mit einer Auszeit seine Mannen in die Spur zu bringen, brachte Ilija Brozovic für den Mittelblock, wenig später dann die Youngster Nikola Bilyk und Lukas Nilsson. Doch auch "Jugend forscht" sollte an diesem Tag nicht funktionieren, weil Paris Vollgas gab: Die beiden Welthandballer Nikola Karabatic und Mikkel Hansen ließen die Kieler Abwehr stehen: 13:5. Nach einer Viertelstunde war diese Partie entschieden, nach 23 Minuten schraubten Gensheimer und Abalo das Resultat erstmals auf einen Zehn-Tore-Vorsprung, an dem auch Bilyks grandioses Rückhand-Tor und ein Wechsel auf der Torhüterposition nichts ändern konnte. Nahezu unbedrängt tauchten die PSG-Angreifer erst vor Landin und dann vor Wolff auf - und ließen sich diese Einladung nicht entgehen. Auf der anderen Seite machten die Defensive der Gastgeber au schnellen Beinen kurzen Prozess mit den müden Kielern, und wenn doch einmal ein Ball durchkam, schnappte sich Omeyer diesen. Die Folge: Beim 10:22 kündigte sich die höchste Königsklassen-Niederlage aller Zeiten schon zur Pause an.

Höchste Niederlage aller Zeiten

Mit Entschlossenheit kehrten die "Zebras" früh zurück aus der Kabine, sie wollten sich gegen die derbe Schlappe stemmen. Toft traf, Brozovic setzte sich vom Kreis durch, Niclas Ekberg netzte in Unterzahl ein. Allerdings: Der THW konnte nur reagieren, immer wieder setzte der Gastgeber die ersten Akzente. Und als Omeyer in Unterzahl zunächst einen Ekberg-Wurf und dann Dahmkes Ball hielt, Abalo im Gegenzug zum 28:15 (42.) traf, war dies der Ruf zum Pariser Zwischenspurt: Nikola Karabatic, Luka Stepancic und Jesper Nielsen schraubten das Resultat auf 31:16 - und die THW-Fans in der Halle begannen, die Sekunden herunter zu zählen. Denn an diesem Tag sollte wenig passen bei den "Zebras": Erst musste Toft Hansen angeschlagen raus, was der Abwehr zusätzlich weh tat. Dann stahl Zeitz hinten den Ball, scheiterte im Gegenstoß aber an Skof, was Dylan Garain mit dem 34:19 ins Gegenteil verkehrte. Elf Minuten vor dem Ende stemmten sich die "Zebras" mit Nilssons Toren und Vujins Würfen gegen das Debakel, was aber bei den weiter unerbittlich aufs Gaspedal tretenden Franzosen kaum Eindruck hinterließ: Eine erneute Vierer-Serie ließen die heimischen Fans feiern. Christian Dissinger beendete die Vorrunde dann mit seinem Tor zum 24:42. 

Jetzt gegen die Löwen

Nach dem Abschluss der schwersten Gruppenphase aller Zeiten steht bereits die Königsklassen-K.o.-Runde vor der Tür: Am 22. März um 18.30 Uhr empfangen die Kieler in der Sparkassen-Arena die Rhein-Neckar Löwen zum Achtelfinal-Hinspiel. Mehr als 5.000 Tickets sind für die Partie bereits abgesetzt, noch gibt es aber Karten in allen Kategorien. Champions-Card-Inhaber haben noch bis zum 15. März ein Vorkaufsrecht (siehe Extra-Bericht), parallel dazu ist auch der freie Vorverkauf schon gestartet. Karten gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen, im Ticketcenter der Sparkassen-Arena, bei CITTI, in der KN-Kundenhalle, in den famila-Märkten, im THW-Online-Ticketshop und unter der Hotline 01806 / 300 234 (gebührenpflichtig).Das Rückspiel findet am 30. März in der Mannheimer SAP-Arena statt, das Bundesliga-Heimspiel des THW Kiel gegen den TVB 1898 Stuttgart soll im Gegenzug auf das Wochenende nach dem Rückspiel verlegt werden. Auf geht's, Kiel!