fbpx

KN: Die neue Freiheit des Domagoj D.

Weitere

KN: Die neue Freiheit des Domagoj D.

Dortmund/Kiel. Frei. Kein anderes Attribut könnte den Auftritt von Domagoj Duvnjak in der Dortmunder Westfalenhalle am Sonntagnachmittag treffender beschreiben. Freiheit, die der Kroate ausstrahlte. Freiheit, die er sich nahm. Bei THW-Trainer Alfred Gislason stand gestern nur individuelles Krafttraining am Vormittag auf dem Programm. Danach: frei. Zeit, bei dem 27-jährigen Regisseur nachzufragen.

Duvnjak wird zum THW-Regisseur

Von allen Seiten hatte es Lob gehagelt. "Überragend, wichtig, er hat sehr viel Kraft verbraucht", urteilte THW-Kapitän René Toft Hansen, der kurz vor dem Anpfiff noch den Einpeitscher bei jedem einzelnen seiner Mitspieler gegeben hatte. Jetzt müssten andere die Spiele entscheiden, hatte Hansen gefordert. Und Duvnjak hatte geliefert. "Diese überragende Leistung hat mich gewundert, denn Dule (Duvnjaks Spitzname, d. Red.) war vor dem Spiel krank, schlapp", sagte Gislason. Duvnjak selbst gab sich gestern gewohnt bescheiden. Den Sonnentag konnte er nicht mit Freundin Lucija in Düsternbrook genießen, die gerade in Kroatien weilt. Stattdessen erledigte Dule Termine und genoss das Gefühl des Sieges gegen Gummersbach: "Das war wichtig. Ja, ich war sehr müde vorher. Aber im Spiel ist das alles vergessen." Die Diskussion um den Weggang Jichas sei ihm "egal" gewesen. 2Das konnten wir nicht beeinflussen. Es ist schade, dass er weg ist. Als Sportler. Und als Mensch. Jetzt müssen wir alle mehr zusammenhalten und noch mehr Prozente geben." Duvnjak bleibt bescheiden. Markige Worte, Anspruchsdenken sind nicht sein Ding. Und die neue Freiheit, seitdem Jicha den THW verlassen hat? Der Welthandballer von 2013 weicht aus. Nicht so sein Trainer: "Ich glaube, es ist eine positive Befreiung für ihn, dass das Thema Jicha jetzt abgeschlossen ist. Er geht irgendwie anders an die Sache heran. Überragende Spiele hatte er auch in der vergangenen Saison, als Filip verletzt war. Kam der dann wieder, hat Duvnjak die Führungsrolle sofort wieder abgegeben", so Gislason. Am Sonntag war niemand da zum Abgeben in der Westfalenhalle. Also brach Duvnjak die Dezibel-Dominanz der VfL-Fans. Wieder und wieder nahm er sich die Freiheit und den Ball. Wieder und wieder hielt Carsten Lichtlein im Gummersbacher Tor. Dann verfinsterte sich das freundliche Gesicht mit dem Zwei-Wochen-Bart, und Duvnjak erlebte seine großen Minuten: 22:18 (43.), Gegenstoß zum 23:19 (45.), 24:19 (46.) und schließlich das 25:20 (47.) nach einem von ihm selbst abgefangenen Ball. Er war so frei und machte sich den VfL-Einlaufsong - Queens "I Want It All" - einfach zueigen. "Ich bin sehr positiv, habe ein gutes Gefühl für die neue Saison – auch ohne Rasmus (Lauge, d. Red.), Aron (Palmarsson, d. Red.) und Filip." Jeder müsse jetzt eben "ein Stück Verantwortung übernehmen". Und in welcher Rolle sieht er sich selbst? "Joan (Canellas, d. Red.) und ich sind der verlängerte Arm vom Trainer auf dem Feld. Wir kommunizieren viel. Die Vorbereitung war gut, da sehe ich mich, da fühle ich mich wohl." Worte, die befreit klingen. Auch mit Lucija fühlt sich Duvnjak wohl im Norden: "Nach 20 Tagen waren wir schon in Kiel angekommen." Am Anfang in Hamburg, als Duvnjak noch kein Deutsch sprach, sei es "nicht leicht" gewesen. Jetzt in Kiel ist das anders. Von Hochzeit und Familiengründung an der Förde ist indes noch nicht die Rede. Duvnjak lacht: "Langsam langsam!" Seine Bescheidenheit gibt er auch bei der letzten Frage nicht auf. Ob nach der Ära Jicha jetzt vielleicht die Ära Duvnjak bei den Zebras beginne? "Ich wäre glücklich, wenn ich mit dem THW alles gewinne. Genau wie Filip." (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 25.08.2015, Foto: Sascha Klahn)