fbpx

KN: Prokops Stotterstart

Weitere

KN: Prokops Stotterstart

Hamburg. Auftakt mit gemischten Gefühlen: Für Christian Prokop hat das neue Leben als Handball-Bundestrainer mit einem Stotterstart begonnen. Der 38-Jährige hatte an seinem Debüt-Wochenende gleich mit mehreren Gegnern zu kämpfen. Auf dem Feld jedenfalls folgte auf das 25:27 (9:16) am Sonnabend in Göteborg gegen Schweden ein unnötiges 25:25 (16:14)-Unentschieden gegen die Skandinavier einen Tag später beim "Tag des Handballs" in Hamburg.

Unentschieden beim Tag des Handballs

Prokop dirigiert, Prokop justiert, Prokop beobachtet, Prokop explodiert - der Nachfolger von Dagur Sigurdsson durchlebt in Hamburg vor 10 859 Zuschauern in der Barclaycard Arena ein Wechselbad der Gefühle. Weil die Schweden ein ausgebuffter, wenn auch arg ersatzgeschwächter Gegner sind. Aber vor allem auch, weil es eine undankbare Situation ist, in die der neue A-Nationaltrainer vom Deutschen Handballbund bugsiert wurde. Nicht weniger als zwölf WM-Fahrer fehlen im DHB-Kader, dem insgesamt nur noch sechs Europameister von 2016 angehören. Die Stars vom THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen werden ebenso geschont wie Kapitän Uwe Gensheimer (Paris) und EM-Allstar Tobias Reichmann (Kielce). Und zu allem Überfluss fiel am Sonnabend kurzfristig auch noch die Nummer eins im Tor, der Berliner Silvio Heinevetter, mit einem Magen-Darm-Virus aus. Das macht die Sache nicht leichter, und so richtig evident wird das Dilemma beim 3:4 in der sechsten Minute, als der Hallensprecher erwartungsfroh ein lautes "Floriaaaaaan" in die Halle dröhnt, die Blicke der Fans auf den Rängen allerdings eher ausdrücken: "Florian wer!?" Gemeint ist in dieser Situation Rechtsaußen Florian Billek vom Erstliga-Auf- und Wahrscheinlich-Wieder-Absteiger HSC 2000 Coburg - neben Moritz Preuss (Bergischer HC) und Nicolai Theilinger (HC Erlangen) einer von drei Nationalmannschafts-Debütanten des Wochenendes. Besonders Preuss am Kreis und der Wetzlarer Philipp Weber, der mit acht Toren in der Rückraum-Mitte zum besten Schützen der Partie avanciert, machen ihre Sache gut, empfehlen sich und werden vielleicht doch so schnell nicht wieder in einem Team auflaufen, das erstmals von Abwehrchef Finn Lemke als Kapitän angeführt wird. Allendorf, Kühn, Weber, Theilinger, Rahmel, Preuss - wer bitteschön!? In der zweiten Halbzeit feiert das Publikum sich selbst und die für viele weitgehend Unbekannten da unten auf dem Parkett in der B-Auswahl. Irgendwann geht dieser lange Tag des Handballs zu Ende, und Abwehrchef und Europameister Lemke zeigt sich nach dem Remis, das ausgehend vom 25:23 (58.) durch zwei kuriose Tore des Berliners Mattias Zachrisson den Deutschen irgendwie durch die Finger gleitet, angefressen. Dennoch, die Tage mit Christian (Prokop, d. Red.) seien intensiv gewesen, sagt Lemke: "Er hat eine andere Spielidee, und wir wollten gerade heute für ihn gewinnen." Prokop, der Euphorische ("Ich will die Fans mitnehmen"), der Senkrechtstarter, der Akribische, hatte seine Mannschaft am Mittwoch zum Kennenlern-Bowling gebeten und ihr fortan mit ungeahntem Input in taktischer Hinsicht allerhand abverlangt. "Er brennt, spielt eine offensivere Deckung, hat eine eigene Handschrift. Und er redet mehr als sein Vorgänger", so Europameister Kai Häfner. Weil dem Olympia-Dritten in Halbzeit zwei im Angriff - mit Ausnahme von Weber - die Präzision abhanden kommt, der Innenblock ohne Lemke zusehends Probleme mit aggressiven Schweden bekommt, kommt den Deutschen trotz der zwischenzeitlichen 19:15-Führung (38.) am Ende auch der Sieg abhanden. "Das macht mich unzufrieden", sagt Prokop ("Im Tunnel vor dem Spiel hatte ich Gänsehaut") anschließend und returniert alles Lob seiner Spieler umgehend: "Die Jungs sind sehr intelligent, taktisch diszipliniert, schade, dass es schon vorbei ist." Im Mai in der EM-Qualifikation gegen Slowenien wird die komplett auf links gedrehte Nationalmannschaft ihr altes Gesicht zeigen, die Stars zurück im Kader begrüßen. Die Kieler Andreas Wolff und Rune Dahmke waren am Sonntag privat in der Arena, um ihr Team zu unterstützen. In der Halbzeitpause war EM-Held Wolff mit Selfies voll ausgelastet. "Andreas wer!?"-Gesichter gab es keine. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 20.03.2017, Foto: Sascha Klahn)

Statistik 19.03.17: Deutschland - Schweden: 25:25 (16:14)

Deutschland: Carsten Lichtlein (VfL Gummersbach; 1.-57. Minute/11 Paraden), Jens Vortmann (SC DHfK Leipzig; ab 57./0); Finn Lemke (SC Magdeburg), Michael Allendorf (MT Melsungen) 1, Kai Häfner (TSV Hannover-Burgdorf) 4, Nicolai Theilinger (HC Erlangen), Florian Billek (HSC 2000 Coburg) 2, Philipp Weber (HSG Wetzlar) 8/2, Julius Kühn (VfL Gummersbach), Manuel Späth (Frisch Auf Göppingen) 1, Matthias Musche (SC Magdeburg), Simon Ernst (VfL Gummersbach), Ole Rahmel (HC Erlangen) 1, Moritz Preuss (Bergischer HC) 3, Niclas Pieczkowski (SC DHfK Leipzig) 4, Paul Drux (Füchse Berlin) 1 Schweden: Johannesson (1.-30. Minute/3 Paraden), Sandström (ab 31./7); Mansson 2, Stegefelt 1, Berg 2, Pettersson 3, Stenbäcken, Wanne, Freiman, Lindskog 2, Gottfridsson 7, Halen 2, Barud, Zachrisson 6. Schiedsrichter: Gjeding/Hansen (Dänemark)
Strafminuten: GER 6 (Theilinger, Kühn, Allendorf), SWE 8 (Stegefelt, Freiman, Gottfridsson, Barud)
Siebenmeter: GER 2/2, SWE 1/0 (Lichtlein pariert Zachrisson)
Spielfilm: 0:1, 1:3, 3:4 (6.), 4:7, 9:9 (18.), 12:10, 12:12, 14:13 (28.), 16:14;
17:14, 19:15 (38.), 20:17, 20:19 (46.), 22:20, 23:21 (53.), 24:22 (56.), 25:23 (58.), 25:25
Zuschauer: 10 859 in der Barclaycard Arena in Hamburg.

Statistik 18.03.17: Schweden - Deutschland: 27:25 (16:9)

Schweden: Palicka, Johannesson; Mansson, Stegefelt 1, Berg 2, Pettersson 4, Stenbäcken, Wanne 2, Freiman 2, Lindskog 1, Gottfridsson 4/1, Halen 4, Barud, Zachrisson 7/1. Deutschland: Lichtlein; Lemke, Allendorf 1, Häfner 3, Theilinger 3, Billek 1, Weber 2/1, Kühn 3, Späth 4, Musche 3, Ernst, Rahmel 3/2, Preuss 1, Pieczkowski 1, Drux. Schiedsrichter: Badura/Ondogrecula (Slowakei)
Strafminuten: SWE 6 (Freiman, Mansson, Barud), GER 2 (Billek)
Siebenmeter: SWE 3/3, GER 4/3 (Johannesson pariert Rahmel)
Spielfilm: 1:0, 2:1 (5.), 5:2, 7:3 (11.), 11:5, 13:6 (23.), 15:7, 16:9;
17:9, 21:13 (37.), 21:16, 22:18 (47.), 23:20, 24:22 (53.), 25:23, 27:25 Zuschauer: 3500 in der Partille Arena in Göteborg.