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THW Kiel mit souveränem Auswärtssieg nach der Nationalmannschafts-Pause

Bundesliga

THW Kiel mit souveränem Auswärtssieg nach der Nationalmannschafts-Pause

Rhythmusstörungen bei den Spielern des Rekordmeisters THW Kiel wegen der  Nationalmannschaftspause?  Pustekuchen! Die Zebras gewannen nach dem 36:30-Heimspielsieg auch das Rückspiel in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga bem ambitionierten HC Erlangen mit 31:25 (16:12) und eroberten am Mittwochabend in der Arena Nürnberger Versicherung obendrein die Tabellenführung: Flensburg ließ nämlich zur selben Zeit beim 28:28 bei FrischAuf Göppingen einen Punkt liegen. Aufgrund der besseren Tordifferenz setzten sich die nun punktgleichen Kieler an die Spitze. Erfolgreichster Kieler Torschütze war Domagoj Duvnjak mit sieben Toren, die er allesamt in der ersten Halbzeit erzielte. Niclas Ekberg traf sechsmal für die Kieler.

Nikola Bilyk und Sander Sagosen blieben in Kiel

Harald Reinkind erzielte vier Treffer

Nach dem Abpfiff interessierte sich THW-Trainer Filip Jicha mehr für das Spiel seiner eigenen Mannschaft als für die Tabellenführung: „Das interessiert mich wenig bis gar nicht", sagte der Tscheche direkt nach der Partie bei Sky. "Wir haben im besten Fall noch 18 Spiele, da jetzt schon auf die Tabelle zu schauen, macht keinen Sinn. Wir werden und müssen unsere Aufgaben einfach brutal emotionslos abarbeiten in den kommenden Wochen.“ Harte Arbeit - das war für den THW Kiel in der ersten Hälfte auch die Partie beim HC Erlangen. Ohne Nikola Bilyk und Sander Sagosen, der mit einem Infekt gar nicht erst in den Charterflieger nach Nürnberg gestiegen war, taten sich die Zebras zunächst schwer gegen die lautstark unterstützten Erlanger.

Stotternder THW-Motor

Patrick Wiencek musste hinten wie vorne Schwerstarbeit leisten

Der THW-Motor stotterte zu Beginn stark. Die Kieler 2:1-Führung durch Duvnjak und Ekberg drehten Mosindi und zweimal Sellin auf 3:2 für die Gastgeber. Kiels Abwehr stand ordentlich, im Angriff erlaubten sich die Zebras aber zunächst einige technische Fehler, die zum 3:6 und 4:7 (12. Minute) führten. Niclas Ekberg kam zunächst nur auf die Platte, um den Ball an der Siebenmeterlinie in die Hand zu nehmen. Er hatte von dort eine hundertprozentige Quote, legte alle fünf Strafwürfe an den Erlanger Torhütern vorbei ins Netz. Ansonsten vertraute Jicha auf der Rechtsaußenposition im ersten Durchgang seinem Youngster Sven Ehrig.

Überragender Duvnjak dreht das Spiel

Stellte den HCE vor immer neue Aufgaben: die Kieler Abwehr

Der holprige Start war aber Grund genug für Jicha, im Angriff den siebten Feldspieler zu bringen und in der Abwehr auf die offensive 3:2:1-Formation umzustellen. Den schweißtreibenden Job als Speerspitze erledigte erneut Domagoj Duvnjak mit Bravour, außerdem glänzte der im ersten Durchgang überragende Kieler Kapitän als Torschütze: Sieben Mal traf Kiels Routinier in der ersten Halbzeit. Duvnjaks Schlag- und Sprungwürfe, sein Eins-gegen-Eins und seine Übersicht halfen, Sicherheit zurück zu gewinnen und den Rückstand aufzuholen. Ein 3:0-Lauf von Duvnjak, Reinkind und Ekberg sorgte in der 17. Minute für den 7:7-Ausgleich, und mit seinen Treffern sechs und sieben in der 26. und 29. Minute schraubte  Duvnjak den Kieler Vorsprung auf 15:12, Harald Reinkind traf zur 16:12-Pausenführung.

Klare Verhältnisse im zweiten Durchgang

Traf nach der Pause zwei Mal: Hendrik Pekeler

Außerdem brillierte Torhüter Niklas Landin. Wieder einmal. Er war vor wenigen Tagen als "Dänemarks Handballer des Jahres" geehrt worden, Erlangens Angreifer erfuhren schmerzvoll, warum ihm auch diese Ehre zuteil geworden ist: Zu Beginn des zweiten Durchgangs entnervte er die HCE-Außen, die Zebras setzten sich ab. Linksaußen Magnus Landin ließ den Meister bis zur 37. Minute mit zwei Treffern in Folge auf 22:15 davoneilen, sein Bruder Niklas sammelte insgesamt elf Paraden bis zur 50. Minute auf seinem Konto an, bevor Dario Quenstedt den Dänen im Kieler Tor ablöste. Quenstedt hielt dann ebenfalls drei Bälle auf, doch da war der THW-Express längst auf die Siegerschleife eingebogen. Denn zwischenzeitlich spielten die Zebras Katz' und Maus mit den jetzt überforderten Erlangern. Auszeiten von HCE-Trainer Haaß konnten den schwarz-weißen Lauf nicht stoppen: Als Steffen Weinhold in der 46. Minute zum  27:19 traf, war das Spiel entschieden. Daran änderten dann auch ein paar Leichtsinnsfehler in der Schlussphase nichts mehr: Jicha nutzte vielmehr die Gelegenheit, allen mitgereisten Akteuren Einsatzzeiten zu geben. Linksaußen Malte Voigt krönte seinen Kurzeinsatz schließlich mit dem schlitzohrigen 31:25: Direkt von der Auslinie versenkte er den Ball am verdutzten Torhüter Jannes Boieck vorbei zum Endstand im Netz.

Sonntag: Top-Spiel in Berlin

Es war der zwölfte Kieler Sieg im zwölften Aufeinandertreffen gegen den bisherigen Tabellenzwölften, der zuletzt mit dem 30:28-Triumph über Magdeburg hatte aufhorchen lassen. Die Franken warten weiterhin auf das erste Erfolgserlebnis gegen den Rekordmeister, der sich direkt nach der Partie wieder auf den Weg zum Flughafen machte, um noch am Abend wieder in die Landeshauptstadt zurückzukehren. Aus gutem Grund: Nach nur einer Trainingseinheit vor dem Erlangen-Spiel wollen die Zebras jede Minute zur Regeneration und zur Vorbereitung auf das Top-Spiel am Sonntag bei den Füchsen Berlin (13:30 Uhr, live bei Sky) nutzen. Weiter geht's in der Hauptstadt, Kiel!

Fotos: Bernd Dunstheimer

LIQUI MOLY Handball-Bundesliga, 28. Spieltag: HC Erlangen - THW Kiel: 25:31 (12:16)

HC Erlangen: Ziemer (1.-38., 3 Paraden), Boieck (38.-60., 8 Paraden); Sellin (6/4), Jaeger (2), Overby (1), Marschall, Fäth (2), Kellner, Firnhaber (2), Büdel (4), Bissel (1), Mosindi (3), Schäffer (1), von Gruchalla, Jeppsson (3), Olsson; Trainer: Haaß
THW Kiel: N. Landin (1.-50., 11 Paraden), Quenstedt (50.-60., 3 Paraden); Ehrig, Duvnjak (7), Reinkind (4), M. Landin (4), Sunnefeldt (1), Weinhold (1), Wiencek (2), Ekberg (6/5), Wäger, Dahmke (1), Zarabec (2), Voigt (1), Horak, Pekeler (2); Trainer: Jicha

Schiedsrichter: Fabian Baumgart / Sascha Wild
Zeitstrafen: HCE: 5 (2x Firnhaber (17., 50.), 2x Schäffer (33., 47.), Kellner (42.)) / THW: 4 (Reinkind (6.), Weinhold (20.), Horak (56.), Wäger (59.))
Siebenmeter: HCE: 4/4 / THW: 5/5
Spielfilm: 0:1, 1:2 (3.), 3:2 (6.), 3:3, 6:3 (10.), 7:4 (12.), 7:7 (16.), 9:8 (19.), 9:10 (20.), 11:11 (23.), 11:13 (24.), 12:13 (25.), 12:16 ;
12:18 (32.), 14:19, 14:21 (36.), 15:23 (38.), 17:23 (40.), 18:24, 18:26 (42.), 19:27, 21:28 (52.), 23:28 (52.), 23:30 (58.), 25:31.
Zuschauer: offiziell keine (Arena Nürnberger Versicherung, Nürnberg)

Stimmen zum Spiel

THW-Trainer Filip Jicha: Nach dem Nationalmannschafts-Lehrgang ist der Neustart ein bisschen wie eine Lotterie. Kurzfristig hat sich dann noch Sander abgemeldet. An ihm sieht man, dass es auch noch normale Krankheiten in diesen Tagen gibt. Es war ein schönes Erlebnis, mal wieder vor Zuschauern zu spielen. Im Großen und Ganzen bin ich mit unserem Auftritt wirklich zufrieden. Wir hatten am Anfang ein paar technische Fehler mehr, in der zweiten Halbzeit auch. Deshalb konnte Erlangen das Resultat noch korrigieren. Das 7-6 hasse ich eigentlich, langsam entwickelt sich aber daraus eine Hass-Liebe, weil es uns enorm hilft. Wir können mit dieser Taktik ein bisschen Energie bei den Jungs sparen. Als ich die Nationalspieler gestern im Training gesehen habe, musst du dir als Trainer etwas ausdenken. Wege suchen, wie du den einen oder anderen ein bisschen schonen kannst und trotzdem Zug aufs Tor hast. Eigentlich wollte ich heute sogar damit beginnen. Aber bei drei Toren zurück und aufsteigender Nervosität bei uns war klar, dass wir das machen müssen. Die Jungs wussten das, sie bekommen im Vorfeld immer einen Plan. Deshalb konnte sie es dann auch schnell umsetzen. 

THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi: Wir sind sehr glücklich über die zwei Punkte nach einem Spiel, in das wir uns richtig reingekämpft haben. Wir sind dann von Minute zu Minute souveräner geworden. Die Spiele nach Nationalmannschafts-Lehrgängen haben immer eine gewisse Brisanz, trotzdem haben wir die Aufgabe sehr gut gelöst. Natürlich haben wir mitbekommen, was in Göppingen passiert ist. Platz eins ist eine schöne Momentaufnahme, vereinfacht unsere Situation aber überhaupt nicht: Die Aufgaben bleiben gleich schwierig, die Saison bleibt genauso lang und wir haben noch immer sehr viele Spiele, in denen sehr, sehr viel passieren kann.

HCE-Regisseur Nico Büdel: Kiel hat die Abwehr umgestellt, und wir haben uns gegen die 3-2-1 einige leichte Fehler erlaubt. Das kann passieren, worüber wir uns mehr ärgern müssen, ist unsere eigene Abwehr. Wir haben viel zu viele Tore über unser Abwehr-Zentrum bekommen. Da fehlte die letzte Konsequenz, Überzeugung und vielleicht auch ein bisschen mehr Härte. Das war teilweise zu einfach. Aber Kiel hat das auch einfach gut gemacht. Wir sind nicht mehr richtig an sie herangekommen.