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KN: Derby bleibt Derby

Bundesliga

KN: Derby bleibt Derby

Flensburg. Die SG Flensburg-Handewitt hat das 98. Schleswig-Holstein-Derby gegen den THW Kiel in der Handball-Bundesliga gewonnen. Der aktuelle Meister setzte sich am Sonnabend gegen den Rekordchampion knapp mit 26:25 (15:13, siehe THW-Spielbericht) durch. Die Zebras scheiterten an sich selbst, besonders im Angriff. Die Tragweite der Niederlage wird indes erst am Donnerstag deutlich werden.

Angriffsschwacher THW Kiel verliert

THW-Trainer Alfred Gislason spricht von "Dellen". Eine erleidet seine Mannschaft nach der 11:8-Führung in Halbzeit eins. Die Kieler agieren stark aus ihrer (nur selten hinterlaufenen) offensiven Deckung, piesacken den Gegner mit Ballgewinnen, Umschaltspiel, Tempogegenstößen und zweiter Welle. Die Flensburger Fans in der Nordkurve greifen im 1000. Bundesliga-Spiel ihres Klubs wieder einmal tief in die Fäkalsprachentonne, doch solange die THW-Defensive ihre ganze Wucht entfaltet, ist ihre Mannschaft im Hintertreffen.

Dann trifft SG-Coach Maik Machulla eine folgenschwere Entscheidung, bringt den erst 20 Jahre alten Neuzugang Johannes Golla (MT Melsungen) am Kreis und neben Altstar Tobias Karlsson im Abwehr-Innenblock. Flensburg gelingt bis zur Pause ein 7:2-Lauf zum 15:13, während der THW Chance um Chance vergibt. "Das darf man sich im Derby nicht leisten", sagt Gislason später. Nach der Pause reagiert auch der Isländer, insbesondere auf die Zahnlosigkleit seiner Zebras im rechten Rückraum, wo es Steffen Weinhold und Marko Vujin bis dahin auf sechs Fehlwürfe bringen. Harald Reinkind kommt ins Spiel, trifft zweimal beherzt (16:15/33.). Doch auch der Norweger sammelt in den folgenden sechs Minuten drei Fahrkarten, reiht sich ein in eine von beiden Seiten offensiv fahrig, im gebundenen Spiel zuweilen ideenlos geführte Begegnung. Oder anders: Es ist eine echte Abwehrschlacht.

Wieder so eine Delle: Zwischen der 34. (17:17) und 48. Minute (21:18) bleibt der Rekordmeister ohne Torerfolg. Wahnsinn, wie sich der junge Golla beim 20:17 (42.) gegen Wiencek behauptet, kraftvoll, wie er sich hinten gegen die Kieler Kolosse stemmt. Der starke Niklas Landin stolpert beim Ballholen im Kabinentunnel und knickt um, muss ausgewechselt werden. Andreas Wolff pariert Lauge, Svan hält seine Mannschaft im Spiel. Lukas Nilsson macht die leichten Tore, aber was ist das? Hendrik Pekeler legt dem starken Benjamin Buric im SG-Tor einen Ball auf die Füße (38.), Niclas Ekberg an den Pfosten (41.), Magnus Landin drüber (44.), Ekberg wieder an den Pfosten (52.). Jetzt erhöht Flensburg das Tempo: Wanne, Wanne, Wanne (25:22/56.). Zum ersten Mal singen die Fans: "Die Nummer eins im Land sind wir!" Gislason hadert in zahlreichen Situationen mit den Schiedsrichtern, die dem THW sieben, der SG nur drei Zeitstrafen aufbrummen: "Ich habe beide Seiten ähnlich hart gesehen." Weinholds 24:26 (58.) kommt zu spät.

Was das Ergebnis zu bedeuten hat? Die SG hat einen perfekten Saisonstart hingelegt, allerdings auswärts gegen ersatzgeschwächte Berliner gewonnen, und ein Derby ist ohnehin Ausnahmezustand. Erwartet hätte die 8:0 Punkte der SG nichtsdestotrotz kaum ein Experte. Die ewigen Konkurrenten aus der Landeshauptstadt hatten gehofft, nach dem 98. Derby zu wissen, wo sie stehen. Hendrik Pekeler beantwortet die Frage mit Galgenhumor: "Hinter Flensburg." Die Antwort wird auf Donnerstag vertagt. Dann tritt der THW beim ebenfalls bärenstark in die Saison gestarteten SC Magdeburg an. "Die Konstellation ist nicht ideal, durch die Derby-Niederlage steigt die Bedeutung des Spiels in Magdeburg“, weiß Viktor Szilagyi. "Aber man muss auch seriös bleiben: Es ging heute nur um zwei Punkte." Und ums Prestige, schließlich hatte die SG in der Vorsaison beide Heimspiele gegen den THW verloren. Ein Derby ist eben ein Derby und bleibt ein Derby.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 10.09.2018, Foto: Sascha Klahn)

Stimmen zum Spiel in den Kieler Nachrichten

Alfred Gislason, THW-Trainer, in den KN: Wir hatten zu viele Dellen im Spiel, bauen die SG wieder auf. Mit einigen Entscheidungen der Unparteiischen bin ich nicht einverstanden. Die SG hat einen neuen Partner ( „Euro Eyes“, Spezialist für Augenlasern, d. Red. ): Vielleicht muss ich mich operieren lassen, wenn ich das alles falsch gesehen habe.

Maik Machulla, SG-Trainer, in den KN: Torhüterleistung, Tagesform, Trefferquote – das hat gepasst, ich bin sehr glücklich über die zwei Punkte. In dieser Halle ist alles möglich, gerät man in einen Rausch. Wir bleiben aber entspannt, auch wenn uns die 8:0 Punkte Sicherheit geben. Johannes Golla mit seinen 20 Jahren hat mich beeindruckt. Der macht Spaß.

Hendrik Pekeler, THW-Kreisläufer, in den KN: Dieses Spiel mussten wir nicht verlieren. Wir bleiben in der zweiten Halbzeit 14 Minuten ohne Tor. Unsere Wurfausbeute war einfach nicht gut. Wo wir jetzt stehen? Hinter Flensburg. Es war nicht alles toll, wir müssen das Spiel breiter ziehen, die Abwehr des Gegners mehr in Bewegung bringen.

Tobias Karlsson, SG-Kapitän, in den KN: Johannes Golla ist ein großes Talent, beeindruckend, er hört zu, ist fleißig. Wie er sich am Kreis gegen Pekeler und Wiencek durchgesetzt hat - das ist das Allerschwierigste. Ich arbeite gern mit ihm, bin froh, dass er bei uns ist. Wir bleiben jetzt trotz der 8:0 Punkte demütig, wissen aber, dass wir eine gute Mannschaft haben.

Holger Glandorf, SG-Linkshänder, in den KN: Es war wichtig, dass wir beim 8:11 den Schalter umgelegt haben. Beide Mannschaften haben sich im Angriff schwergetan. Wir hatten Probleme gegen die offensive Kieler Abwehr. Wir sind auf einem guten, aber noch weiten Weg. Bald geht die Champions League wieder los, und dann steigt für uns die Belastung.