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Erneute Energieleistung: Zebras drehen Spiel gegen die Füchse

Bundesliga

Erneute Energieleistung: Zebras drehen Spiel gegen die Füchse

Mit einer erneuten Energieleistung setzte sich der THW Kiel am Sonntag in der Wunderino Arena gegen die Füchse Berlin mit 32:26 (13:16) durch. Dabei brauchte es den Halbzeit-Weckruf von Trainer Filip Jicha, um die Zebras nach dem 13:16-Rückstand auf Trab zu bringen. "Filip hat in der Pause klare Worte gefunden, die Wirkung gezeigt haben", sagte Torhüter Niklas Landin, der in kritischen Situationen wichtige Bälle aufhielt und erneut ein Leuchtturm in stürmischer See war. Erfolgreichste Kieler Torschützen waren Sander Sagosen und Niclas Ekberg, die jeweils sechs Tore markierten, als Berliner Torschütze ragte Hans Lindberg mit sieben Treffern heraus.

Gedenkminute für Alfredo Quintana

Vor dem Anpfiff trauerten Spieler und alle Anwesenden in der Wunderino Arena um den portugiesischen Nationaltorhüter Alfredo Quintana, der am Freitag nach einer zuvor im Training erlittenen Herz-Attacke verstorben war. Quintana hatte noch im vergangenen Jahr beim CL-Gruppenspiel in Kiel zwischen den Pfosten gestanden. Der in Kuba geborene Handballtorhüter wurde nur 32 Jahre alt, mit einer Gedenkminute drückte die Handball-Familie ihre tiefe Betroffenheit aus.

Viertes Spiel innerhalb von sieben Tagen

Nach 36 Minuten musste Mittelmann Steffen Weinhold vom Platz

Im vierten Spiel innerhalb von sieben Tagen war die Personaldecke von THW-Trainer Filip Jicha zum Glück üppiger und etwas bequemer geworden. Miha Zarabec kehrte nach seiner Corona-Pause aus der häuslichen Quarantäne zurück in die Freiheit des heimischen Parketts, außerdem stand Sander Sagosen nach überstandener Fußverletzung aus dem Spiel gegen Magdeburg wieder im Team: Zwei zusätzliche Motoren, die dem THW frischen Antrieb und und dem Trainerstab Zuversicht verleihen sollten.

Berliner starten furios

Hielt die Zebras im ersten Durchgang am Leben: Domagoj Duvnjak

Weltmeisterlich ging es in der Wunderino-Arena zu: Auf Kieler Seite standen Niklas und Magnus Landin in der Startformation, mit dem Berliner Spielmacher Holm und Rückraum-Ass Lasse Andersson gesellten sich am Sonntag zwei weitere aktuelle Titelträger hinzu. Holm musste zunächst auf der Bank schmoren, weil Berlins Trainer Jaron Siewert, mit 27 Jahren der jüngste Coach der Handball-Bundesliga, dem deutschen Jung-Nationalspieler Marian Michalczik den Vorzug in der Anfangsformation gegeben hatte. Es war eine gute Entscheidung, denn angetrieben von dem jungen Michalczik starteten die Berliner furios in die Partie, hatten beim 8:4 in der zwölften Spielminute einen Vier-Tore-Vorsprung herausgespielt. Oldie Hans Lindberg, auf Rechtsaußen und vom Siebenmeterpunkt immer noch eine feste Größe, war mit vier Toren an der anfänglichen Berliner Galavorstellung maßgeblich beteiligt.

Drei-Tore-Rückstand zur Pause

Sicherer Rückhalt: Niklas Landin

Die Kieler fanden nur schwer ins Spiel, taten sich gegen die kompromisslose und bewegliche Füchse-Deckung schwer, vertändelten aber auch einige Bälle und suchten lange Zeit ihren Spielrhythmus. "Gegen Ende der ersten Halbzeit lief es dann besser. Da hatte ich schon ein gutes Gefühl", erzählte Linksaußen Rune Dahmke nach dem Spiel. Den Reflexen von Landin und gelungene Einzelaktionen von Domagoj Duvnjak war es zu verdanken, dass der THW bis zum Halbzeitpiff auf Tuchfühlung blieb. Enorm wichtig war dabei die Reaktion nach dem 10:15-Rückstand: Filip Jicha hatte bereits seine zweite Auszeit genommen und setzte jetzt auf den siebten Feldspieler. Eine Maßnahme, die Erfolg hatte: Sven Ehrig traf zum Anschluss, Landin hielt gegen Vujovic, und Steffen Weinhold netzte zum 12:15 ein. der Drei-Tore-Rückstand hatte beim 13:16 Bestand - nach einer schwierigen ersten Hälfte hatten es die Zebras aber geschafft, Berlin nicht uneinholbar davonziehen zu lassen. 

Mannschaft nach der Pause wie ausgewechselt

Purer Wille: Rune Dahmke durfte über vier Treffer jubeln

Insgesamt 22-mal waren die Berliner bisher vergeblich einem Sieg in Kiel hinterhergehechelt. 21 Mal waren sie Verlierer, nur einmal, am 19. Dezember 1981, verließen sie die damalige Ostseehalle immerhin mit  einem Zähler in der Hand. Am Ende hieß es 16:16, und in den Reihen der Füchse spielte damals ein gewisser Noka Serdarusic am Kreis. Bekanntlich wurde der Kroate 1993 Trainer in Kiel und führte die Zebras zu neuen Ufern. Die Füchse warten dagegen weiterhin auf ein Erfolgserlebnis in Kiel - trotz der verdienten Drei-Tore-Führung zur Halbzeit. Die war nämlich bereits nach vier Minuten in der zweiten Hälfte egalisiert. Aus der Kabine meldete sich eine wie ausgewechselt auftretende Kieler Mannschaft zurück. Zweimal Niclas Ekberg und Rune Dahmke, der erstmals nach seiner Knieoperation wieder längere Einsatzzeiten bekam, erzielten den 16:16-Gleichstand. 

Nur vier Gegentore in 20 Minuten

Sander Sagosen ist zurück: Der Norweger traf sechs Mal

Siewert trommelte sein Team schnell zu einer Auszeit zusammen. Doch den folgenden Galopp der Zebras hielten seine mahnenden Worte nicht mehr auf. Lindberg glich beim 18:18 in der 38. Minute ein letztes Mal für die Füchse aus, danach zogen die Kieler unaufhaltsam davon. Die Rote Karte, die das Schiedsrichtergespann Kiels Linkshänder Steffen Weinhold in der 36. Minute nach einer unglücklichen Abwehraktion gegen Lasse Andersson vor die Nase hielten, störte den THW-Express auf dem Weg zum Sieg auch nicht mehr. Den ersten Vier-Tore-Vorsprung sicherte Dahmke mit dem 23:19 in der 47. Minute per Tempogegenstoß, Kiels Abwehr wuchs in der zweiten Hälfte zum nahezu unüberwindlichem Bollwerk heran, bis zur 50. Minute erzielten die Hauptstädter ganze vier Tore. 

Kieler "Mentalitätsmonster"

Niclas Ekberg erzielte 6/2 Treffer

Grund zum Torjubel hatte erstmals nach drei Wochen auch wieder Miha Zarabec, der in der 50. Minute zum 25:21 vollendete. Die Kirsche auf Kiels Sahnetorte war dann der Treffer zum 31:26 in der 60. Minute von Kreisläufer Hendrik Pekeler. Sander Sagosen passte von der Mitte zu Rune Dahmke, und dessen weiten Ball fing Pekeler mit einer Hand, flog in den Kreis und vollendete per Kempa zum schönsten Kieler Tor des Tages. Der Rest war - wenngleich nach den Strapazen der vergangenen Tage verhaltener - Jubel: Mit einer furiosen zweiten Hälfte hatten die Kieler "Mentalitätsmonster" die Füchse in die Knie gezwungen.
 

Bereits am Dienstag gegen Celje

Ein Sonderlob von Filip Jicha gab's für Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek

Der erfolgreiche Februar-Abschluss mit dem vierten Spiel innerhalb von sieben Tagen mündet direkt in einen ebenso harten März-Beginn mit weiteren drei Partien innerhalb von fünf Tagen: Bereits am Dienstag empfangen die Zebras in der EHF Champions League den slowenischen Top-Club RK Celje Pivovarna Lasko. Für die Zebras zählt gegen Celje und am Donnerstag gegen RK PPD Zagreb jeweils nur ein Sieg, um den wichtigen Platz drei in der Gruppenphase noch erreichen zu können. Anwurf am Dienstag ist um 20:45 Uhr, DAZN überträgt live. Weiter geht's, Kiel!

LIQUI MOLY HBL, 7. Spieltag: THW Kiel - Füchse Berlin: 32:26 (13:16)

THW Kiel: N. Landin (1.-60., 10 Paraden), Quenstedt (1 Siebenmeter); Ehrig (1), Duvnjak (5), Sagosen (6), Reinkind (3), M. Landin (1/1), Sunnefeldt (n.e.), Weinhold (1), Wiencek (2), Ekberg (6/2), Dahmke (4), Zarabec (1), Voigt (n.e.), Horak (n.e.), Pekeler (2); Trainer: Jicha
Füchse Berlin: GenzMilosavljev (1.-60., 8 Paraden); Ernst, Wiede (3), Holm (4), Gojun (2), Andersson (4), Lindberg (7/4), Michalczik, Chrintz, Matthes, Kopljar (2), Vujovic (2), Koch, Marsenic (1), Drux; Trainer: Siewert

Schiedsrichter: Robert Schulze / Tobias Tönnies
Zeitstrafen: THW: 2 (Weinhold (9.), Wiencek (26.)) / Füchse: 5 (2x Marsenic (6., 40.), Gojun (23.), Michalczik (37.), Holm (42.))
Rote Karte: Weinhold (Foulspiel (36.))
Siebenmeter: THW: 5/3 (Ekberg Pfosten (40.), Milosavljev hält Ekberg (41.)) / Füchse: 4/4
Spielfilm: 1:0, 2:1 (3.), 2:5 (6.), 3:7 (10.), 5:9 (15.), 7:9 (17.), 8:10 (17.), 8:13 (25.), 10:15 (28.), 12:15 (29.), 13:16;
17:16 (35.), 18:18 (38.), 20:18 (42.), 23:19 (48.), 25:21 (50.), 25:23 (52.), 27:23 (54.), 28:25 (57.), 30:25 (59.), 32:26.
Zuschauer: keine (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Filip Jicha: Die Füchse sind ganz stark gestartet, und wir hatten große Probleme, ins Spiel zu kommen. Wir haben uns lahm bewegt, waren nicht in der Lage, genügend Opfer zu bringen. Die Füchse haben uns gnadenlos bestraft, haben unsere Fehler, die wir unterwegs gemacht haben, genutzt - und wir haben leicht den Kopf verloren. Unser Glück war, dass wir in den letzten drei Minuten vor der Halbzeit gut im Angriff gespielt und gute Chancen kreiert haben, sodass wir nur mit drei Toren Rückstand in die Pause gingen. Gefühlt war das viel mehr. Die zweite Halbzeit war genau das, was ich sehen möchte, wie meine Jungs mit sehr viel Energie gespielt haben. Ein Sonderlob geht an Peke und Patrick und an Miha Zarabec: Mitte der zweiten Halbzeit kam er und hat das Spiel sofort gut gelesen und gelenkt, zudem sind Sander und Harald aufgeblüht. Das war ein Spiel mit zwei Gesichtern, und ich bin enorm froh, dass wir diese Partie gewinnen konnten. Die zweite Halbzeit war angesichts dieser besonderen Konstellation phänomenal. Jetzt machen wir morgen um 15 Uhr das Abschlusstraining, und am Dienstag ist wieder Spiel.

Füchse-Trainer Jaron Siewert: Glückwunsch an den THW Kiel zu diesem Sieg, der über 60 Minuten gesehen absolut verdient war. Wir haben selbst eine sehr starke erste Halbzeit gespielt, sind gut ins Spiel gekommen, haben das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten: Mit viel Tempo und einer guten Abwehr zu spielen und Kieler Fehler zu bestrafen. So konnten wir uns auf fünf Tore absetzten. Ärgerlich, dass es zur Halbzeit dann nur noch drei waren. Der Start in die zweite Halbzeit war dann genau das, was sich der THW vorgenommen hatte und wir unbedingt verhindern wollten. Der THW war obenauf und hat jeden unserer Fehler bestraft, so dass es am Ende ein souveräner Kieler Erfolg war. Wir hingegen haben wieder unsere zwei Gesichter gezeigt. 

THW-Linksaußen Rune Dahmke bei Sky: Heute waren bei uns die ersten fünf bis zehn Minuten das Problem, da lagen wir schnell hinten. Dann haben wir uns bis zur Halbzeit ganz gut gefangen und konnten nach der Halbzeit auch schnell ausgleichen. Für mich persönlich wäre es schön gewesen, nach meiner Knie-OP noch ein paar Trainingseinheiten zu haben. Man sieht schon, dass wir ein bisschen Training hätten gebrauchen können. Aber wir müssen jetzt die Spiele nutzen, um uns steigern zu können. 

THW-Torhüter Niklas Landin bei Sky: Es war uns klar, dass wir uns steigern müssen. Wir haben in der zweiten Halbzeit in der Abwehr eine bärenstarke Leistung gezeigt. Wir haben dann auch mit kleinem Risiko gespielt und wenig Fehler gemacht.

Füchse-Spieler Paul Drux bei Sky: Wir haben die beste erste Halbzeit seit langem gespielt. Dann laden wir den THW innerhalb von wenigen Minuten ein, wieder mitzuspielen. Das ist das ärgerliche daran. Wenn man zwei, drei Würfe daneben macht und der THW einfache Tore wirft, fängt man vielleicht auch an, nachzudenken. Im Sport wird vieles auch im Kopf entschieden. Wenn man ein paar Bälle daneben wirft und technische Fehler macht, spielt es sich dann nicht ganz so einfach.

Sky-Experte Pascal Hens: Nach der ersten Halbzeit musste der THW Kiel von Jicha wachgerüttelt werde. Anfang der zweiten Halbzeit war es dann eine ganz andere Abwehr, da war viel mehr Power drin. Der THW ist dann gnadenlos die zweite Welle gegangen. Da hat man das Selbstverständnis gesehen, was man von den Kielern kennt.