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KN: Hart, aber herzlich

Champions League

KN: Hart, aber herzlich

Kiel. Wundenlecken nach dem Viertelfinal-Fight. Das Lazarett des THW Kiel füllt sich nach dem 28:26 in der Handball-Champions-League gegen den FC Barcelona. Der Sieg gegen die Katalanen war nicht nur eine psychologisch wichtige Demonstration von Härte. Aber er hinterlässt vor dem Bundesliga-Auftritt am Mittwoch (20.15 Uhr) bei Frisch Auf Göppingen wider Erwarten alle Zebras im einsatzbereiten Zustand. Beim spanischen Rekordmeister indes hat das Signal des THW schon wenige Minuten nach Spielende sichtbare Wirkung gezeigt. So beleidigt hat man den großen FC selten gesehen.

Barcelona hadert mit der robusten Gangart

Coach Xavi Pascual, FCB-Chefcoach seit 2009, dessen Kaminsims vor Pokalen und Medaillen zu bersten droht, zog sich in den Schmollwinkel zurück, sagte bei der obligatorischen Pressekonferenz nur: "Es ist besser, wenn ich nichts sage." Sein Kapitän Victor Tomás tat es ihm gleich: "Es sind zu viele Gefühle im Spiel, darum sage ich nichts." Filip Jicha bewies an seiner alten Wirkungsstätte mehr Größe: "Der Unterschied in der Härte zwischen Kiel und Barcelona war meiner Meinung nach groß. Aber so spielt man eben Champions League", kritisierte der Tscheche, sprach aber dennoch von "Werbung für den Handball". Denn schließlich habe man "in meinen Jahren hier auch ordentlich zugepackt. Die Champions-League-Triumphe damals in Köln, das war kein schöner Handball. Da sind wir auch bis an die Grenzen des Erlaubten gegangen. Am Ende zählt nur das, was von den Schiedsrichtern gepfiffen wird". THW-Linksaußen Rune Dahmke schwärmte nach dem Match von "Gänsehautatmosphäre": "Ein paar Fehler weniger wären nicht schlecht gewesen. Wir wollten breit spielen und wussten, dass wir im Eins-gegen-Eins auf einigen Positionen Vorteile haben." Doch ausgerechnet die körperlichen, robusten, in Person von Abwehrkante Viran Morros oft unfairen Katalanen kamen mit dem Kieler Austeilen nicht zurecht. "Aber ausgeteilt haben die auch", befand THW-Coach Alfred Gislason. Viran Morros gefährdete die Gesundheit von Rune Dahmke, in der entscheidenden Phase wurde zudem ein Stürmerfoul von Wael Jallouz gegen Patrick Wiencek nicht geahndet. "Da hätten wir mit vier Toren vorn und in Ballbesitz sein können. Stattdessen sind es nach der Roten Karte und wegen einiger Fehler nur noch zwei Tore. Das ist schade, ändert aber nichts an der Ausgangsposition", so Gislason. Auf dem Feld war es hart, in der Halbzeitpause herzlich, als der Isländer und sein ehemaliger Schützling Filip Jicha an der Mittellinie lachend plauderten. Ging es um die ungeahnte Spritzigkeit des 35-Jährigen, der sich als Tempogegenstoß-Spezialist auszuzeichnen wusste? "Das war persönlich", sagte Gislason am Montag knapp. Ein Montag, an dem Mannschaftsarzt Dr. Frank Pries Erleichterndes mitzuteilen hatte. Morros-Opfer Rune Dahmke ist mit einer Ellenbogenprellung davongekommen. Seinem Einsatz am Mittwoch in Göppingen sowie am Sonnabend (18.30 Uhr) in Barcelona steht ebenso nichts im Weg wie dem von Niclas Ekberg (Reizung im Fuß), Nikola Bilyk (Sehnenreizung an der Ellenbogen-Beugermuskulatur) und René Toft Hansen (Schambeinentzündung). Der Einsatz des vom Feld verwiesenen Dänen im Rückspiel des Klassikers hängt von der Entscheidung der EHF-Disziplinarkommission über eine eventuelle Sperre ab. Doch vor dem Klassiker im Palau Blaugrana steht die Pflichtaufgabe in Schwaben bei Frisch Auf. "Wir können es uns nicht leisten, jetzt schon an Barcelona zu denken", warnt Gislason. "Vielleicht ist Göppingen wichtiger als das Rückspiel in Barcelona. Da hängt sehr viel dran." Der Vorsprung auf die Füchse Berlin in der Bundesliga beträgt nur einen Punkt. "Das Hinspiel müssen wir jetzt so schnell wie möglich vergessen", lautete darum die etwas überraschende Forderung des zehnmaligen Torschützen Marko Vujin. "Zwei Tore im modernen Handball sind nichts. Wir brauchen ein richtig gutes Rückspiel." (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 25.04.2017, Foto: Sascha Klahn)