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Nichts für schwache Nerven: THW Kiel dreht Partie gegen Aalborg

Champions League

Nichts für schwache Nerven: THW Kiel dreht Partie gegen Aalborg

Das war wirklich nichts für schwache Nerven: Bis zur 58. Minute lief der THW Kiel im wichigen Gruppenspiel der Handball-Königsklasse gegen den dänischen Titelträger Aalborg Handbold gestern Abend zumeist einem knappen Rückstand hinterher. Doch die Zebras ließen nicht locker und drehten den 24:26-Rückstand aus der 56. Minute mit einer bravourösen kämpferischen Leistung und einem 4:0-Lauf in den letzten vier Minuten in einen umjubelten 28:26 (15:15)-Sieg. Bester Torschütze war Niclas Ekberg mit 6/3 Toren.

Wichtige Punkte im Kampf um Platz drei

Oskar Sunnefeldt sprang für die fehlenden Miha Zarabec und Sander Sagosen in die Bresche

Der erste Schritt ist also getan, um in der Gruppe B der EHF Champions League den angestrebten dritten Tabellenrang zu erreichen. Mit nunmehr elf Zählern rückten die Kieler den derzeit auf Platz drei stehenden Dänen (12) dicht auf die Pelle. Aber auch HBC Nantes, am Donnerstag nächster THW-Gegner, mischt weiter munter mit im Rennen um den begehrten dritten Tabellenrang. Klappt der Zebra-Plan, gingen die Kieler in einem möglichen Viertelfinale den ganz dicken Brocken aus dem Weg, außerdem hätten sie Heimrecht im Rückspiel. "Kleinigkeiten haben heute das Spiel gekippt", freute sich Rechtsaußen Niclas Ekberg, der selbst drei Treffer in der entscheidenden Schlussphase beisteuerte. "Wir wussten, dass uns ein schweres Spiel erwartet. Aalborg ist eine Supermannschafft mit viel Potenzial." Am Ende zwangen die Erfahrung und die Cleverness der Kieler die Mannschaft von Trainer Stefan Madsen zu Fehlern - und die nutzten die Zebras, um auf die Siegesstraße einzubiegen.

Zarabec und Sagosen nicht dabei

Fünf Treffer im ersten Durchgang und starke Anspiele: Harald Reinkind

THW-Trainer Filip Jicha erreichte vor der Partie eine  weitere Hiobsbotschaft: Kurzfristig musste er auf Antreiber Sander Sagosen verzichten. Der Norweger hatte am Sonntag beim Unentschieden in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga gegen Magdeburg eine Fußverletzung erlitten, Sagosen bemühte sich, musste aufgrund der Schmerzen im Sprunggelenk aber absagen. Da Miha Zarabec weiterhin in Quarantäne schmort, fehlten den Kielern zwei wichtige Ideengeber für ihr Spiel. So schenkte Jicha dem jungen Schweden Oskar Sunnefeld das Vertrauen auf der Königsposition im Rückraum. Der 21-Jährige bedankte sich mit großem Engagement, half bis zur Halbzeit auch, dass der THW zumeist knapp die Nase vorn hatte. 

Remis zur Pause

Zwei Treffer in Durchgang eins: Sven Ehrig

Ein starker Rückhalt war  einmal mehr Niklas Landin im Kieler Tor, der den mit insgesamt sechs WM-Finalisten angetretenen dänischen Meister ein ums andere Mal den Schneid abkaufte. Linkshänder Harald Reinkind sorgte aus dem Rückraum mit fünf wichtigen Knallern für Kieler Torgefahr - und war mit seinen Anspielen an den Kreis ein steter Unruheherd für die Aalborger Defensive. Allerdings: Die Drei-Tore-Führung beim 11:8 in der 19. Minute verspielten die Zebras, der dänische Meister fand mit schnellem Spiel und einer kompakten Abwehrleistung besser in die Partie, glich erstmals in der 27. Minute durch Nikolaj Laesö zum 13:13 aus, nach der 15:14-Führung für die Dänen traf Hendrik Pekeler vom Kreis schließlich zum 15:15-Halbzeitstand.

Aalborg legt vor

Erzielte die Entscheidung: Niclas Ekberg

Für frischen Wind nach der Pause sorgten dann aber zunächst die Dänen, Abwehrchef Henrik Möllgard mischte Beton an und vorne wirbelten Sebastian Barthold, Lukas Sandell und Kreisläufer Magnus Saugstrup die Kieler Abwehr durcheinander. Zudem machte auch Aggefors im Aalborger Kasten den schwarz-weißen Werfern zu schaffen - Aalborg blieb vorn, ließ sich auch vom zwischenzeitlichen 19:19 durch Niclas Ekberg nach feinem Pass des aufgerückten Niklas Landin nicht aus der Ruhe bringen. Die Dänen zogen wieder auf 24:21 (49.) davon und schienen auf Erfolgs-Kurs. Filip Jicha bat zur Auszeit. Das half, die Zebras fanden zurück ins Spiel.

Furioses Zebra-Finale

Was vor allem an den Routiniers lag: Domagoj Duvnjak führte klug Regie und traf viermal mit wichtigen Toren, sorgte dafür, dass Aalborg nicht davonlief. Und urplötzlich war auch die Körpersprache zurück bei den Zebras, die nun auf schnellen Beinen Jagd auf die Aalborger Angreifer machten. Und das zeigte Wirkung: Die Partie stand beim 26:26 in der 58. Minute auf des Messers Schneide, da versagten den Gästen die Nerven. Patrick Wiencek nutzte Lukas Sandell einen Steal von Niclas Ekberg per Tempogegenstoß zum 27:26, und dann spielte Henrik Möllgard Kreisläufer Saugstrup den Ball auf den Fuß statt in die Hand: Freiwurf für die Zebras, zweite Welle, Tor nach feinem Duvnjak-Pass durch den an den Kreis eingelaufenen Niclas Ekberg zum 28:26 - die Entscheidung nach einem furiosen Endspurt der Kieler  war gefallen.

Auswärtsspiel am Donnerstag in Nantes

Für die Zebras blieb nach den spannenden 60 Minuten kaum Luft zum Durchatmen: Bereits am Mittwoch absolvieren sie ihr Abschlusstraining für das wichtige Auswärtsspiel beim HBC Nantes. 2400 Reise-Kilometer liegen insgesamt vor dem THW Kiel, der Mittwochabend nach Westfrankreich reisen wird. Nach der Begegnung, die am Donnerstag um 18:45 Uhr angepfiffen und live von DAZN übertragen wird, geht es für die Kieler auf dem direkten Weg zurück an die Förde, denn bereits am Sonntag wartet dort auf sie das Spitzenspiel in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga gegen die Füchse Berlin. Doch zunächst richten Domagoj Duvnjak & Co. ihren Fokus auf die Revanche gegen Nantes: Weiter geht's in Frankreich, Kiel!  

EHF Champions League, 10. Spieltag: THW Kiel - Aalborg Handbold: 28:26 (15:15)

THW Kiel: Landin (1.-60., 15 Paraden), Quenstedt (1 Siebenmeter); Ehrig (2), Duvnjak (4), Sagosen (n.e.), Reinkind (5), M. Landin (2), Sunnefeldt (3), Weinhold, Wiencek (2), Ekberg (6/3), Wäger (n.e.), Dahmke, Voigt (1), Horak, Pekeler (3); Trainer: Jicha
Aalborg Handbold: Gade (51.-60., 2 Paraden), Aggefors (1.-51. und 1 Siebenmeter, 12/1 Paraden); Jakobsen, Rasmussen, Barthold (7/4), Claar (1), Sandell (3), Laesö (4), Saugstrup (5), Holst Jensen, Andersen, Strandgaard (4), Christiansen, Möllgaard, Antonsen (1); Trainer: Madsen 

Schiedsrichter: Arthur Brunner / Morad Salah (SUI)
Zeitstrafen: THW: 2 (2x Wiencek (12., 52.)) / Aalborg: 5 (Möllgaard (4.), Claar (14.), Laesö (28.), Antonsen (38.), Aggefors (51.))
Siebenmeter: THW: 4/3 (aggefors hält Ekberg (24.)) / Aalborg: 4/4
Spielfilm: 2:0 (3.), 4:2 (6.), 5:3 (8.), 5:6 (10.), 7:6 (14.), 8:8 (16.), 11:8 (21.), 11:10 (24.), 13:11, 13:14 (28.), 14:15, 15:15;
16:15, 16:18 (36.), 17:19, 19:19 (43.), 19:21 (46.), 20:23 (48.), 21:24, 23:24 (51.), 24:26 (55.), 26:26 (58.), 28:26.
Zuschauer: 0 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel

THW-Rechtsaußen Sven Ehrig: Das war ein unglaublich hartes Spiel nach nur einem Tag Pause und der langen Quarantäne. Aber wir haben bis zum Ende gekämpft, weswegen der Sieg auch verdient war. Die Abgeklärtheit und Erfahrung von Domagoj Duvnjak und Niclas Ekberg, haben letztlich den Ausschlag zu unseren Gunsten gegeben. Sie haben beide einen überragenden Job gemacht, haben das Spiel sehr ruhig strukturiert. Sie wussten genau, was sie spielen wollen, und haben am Ende die richtigen Lösungen gefunden, die wir zuvor vielleicht nicht gefunden hatten. 

THW-Torhüter Dario Quenstedt: Es war ein wenig überraschend für mich, dass ich eingewechselt wurde. Aber ich habe mit einem Tor und guten Paraden schnell ins Spiel gefunden. Das schnelle Tempo, das Aalborg gegangen ist, kam uns auch zugute. Denn dann können auch wir schnell spielen - wir haben dieses 'Tempo-Wettrennen' für uns entschieden und haben auch in der Höhe verdient gewonnen.  

THW-Trainer Filip Jicha: Ich muss zugeben, dass ich richtig glücklich bin. Das war ein großer Abend mit einem Happy-end für uns. Aalborg lag beinahe die komplette Zeit in Führung, wir sind immer einem Rückstand hinterhergelaufen. Am Ende gab es dann diesen 4:0-Lauf von uns, der uns das Überleben gesichert hat. Trotzdem war das heute ein großer Schritt vorwärts. Meine Spieler sind nach der langen Quarantäne-Zeit noch nicht wieder in diesem Flow, zudem haben heute Miha und Sander, der einige Probleme mit dem Sprunggelenk hat, nicht dabei. Aber wir haben gegen ein starkes Aalborger Team die zwei Punkte geholt. Jetzt legen wir uns kurz zu Bett, und dann gehts es morgen in Richtung Nantes.

Aalborgs Trainer Stefan Madsen: Glückwunsch an den THW Kiel - nicht nur zum heutigen Sieg, sondern vor allem auch zu der großartigen Performance Ende Dezember in Köln. Das war stark - ich habe einen großen Respekt vor der Leistung des THW in Köln. Heute bin ich extrem enttäuscht. Wir haben es nicht geschafft, dieses Match nach Hause zu bringen. Wir hatten in der ersten Hälfte ein paar Probleme, aber nach der Pause bekam ich das Gefühl, dass wir die Partie in den Griff bekommen. Wir kontrollieren sie dann sogar komplett - bis auf die letzten fünf Minuten. Der THW Kiel hat derzeit ein verrücktes Programm nach der Quarantäne, aber wir haben es nicht geschafft, das für uns zu nutzen.

THW-Rechtsaußen Niclas Ekberg: Kleinigkeiten haben heute den Ausschlag gegeben. Wir haben bei den entscheidenden Situationen eine richtig gute Abwehr gestellt, haben ein paar Bälle rausgeholt und das Spiel damit gekippt, obwohl wir lange Zeit hinten lagen. Hinzu kam, dass wir die letzten vier, fünf Angriffe solide zu Ende gespielt haben. Aalborg hat eine super Mannschaft mit großem Potenzial. Das wussten wir auch, aber wir kamen nicht richtig ins Spiel. Letztlich war es wichtig, dass wir die zwei Punkte geholt haben. Jetzt freue ich mich auf das Spiel in Nantes - auf die Stunden dazwischen aber nicht so sehr (er lacht). Im Spiel ist man fokussiert, die Zeit davor ist hingegen hart bei unserem Programm.