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KN: Das Spiel des Lebens für Spenge

DHB-Pokal

KN: Das Spiel des Lebens für Spenge

Kiel. Der THW Kiel startet heute (18.30 Uhr) in die neue Saison, die erste Aufgabe heißt TuS Spenge. Der Oberligist aus Ostwestfalen hat sich als DHB-Amateurpokalsieger für die erste Pokal-Hauptrunde qualifiziert. Die erste Pflichtaufgabe für die Zebras ist für Spenge das Spiel des Jahrzehnts, für einige wohl das Spiel des Lebens.

Oberligist freut sich auf das Cupduell gegen den THW

"Das Kribbeln ist seit der Auslosung da, dieses Spiel ist in jedem Training Thema gewesen", sagt Heiko Holtmann, Trainer des letztjährigen Oberligadritten. "Ich wusste gar nicht, wann die Auslosung genau ist. Plötzlich bekam ich innerhalb von Minuten so viele Nachrichten, das ging herum wie ein Lauffeuer." Seitdem herrscht in der 15 000-Einwohner-Stadt Vorfreude. Holtmann versteht das nur zu gut. Als Aktiver spielte er zwei Mal gegen den THW: Erst mit dem damaligen Zweitligisten TSG Bielefeld im Pokal-Achtelfinale 1995/96, als die Zebras um "Pumpe" Krieter, Magnus Wislander und Klaus-Dieter Petersen mit nur einem Tor Vorsprung siegten. Und dann mit dem TuS Spenge, respektive der damaligen Regionalliga-HSG Spenge-Lenzinghausen, im Oktober 1997. Nenad Perunicic warf den THW mit zehn Toren eine Runde weiter. "Ich kann mich noch immer an einzelne Szenen erinnern“, sagt Holtmann. "Der Begriff Spiel des Jahrzehnts' ist nicht zu hoch gegriffen."

Erreicht hat der TuS Spenge dieses Spiel durch starke Leistungen im DHB-Amateurpokal. Schon das Finale in Hamburg, direkt vor dem "großen" Pokalfinale zwischen dem THW und der SG Flensburg-Handewitt, war ein Riesen-Erlebnis. "Der große Aufwand hatte sich gelohnt, diese Stimmung in Hamburg war fantastisch", sagt Holtmann. "Und das Los THW Kiel hat dem die Krone aufgesetzt." Die Tickets für die gut 1000 Zuschauer fassende Sporthalle in Spenge waren innerhalb von Minuten ausverkauft. Eine ganze Region fiebert dem Pokalwochenende entgegen. Ostwestfalen, diese Handball atmende Region mit den Bundesliga-Klubs Lemgo, Lübbecke und Minden, wo Spenge als Sprungbrett für junge Spieler aus deren Nachwuchsprogrammen gilt, die zum Beispiel den Handball mit einem Studium im 15 Kilometer entfernten Bielefeld verbinden. Der TuS Spenge ist mehr als ein Dorfverein. In dieser Saison soll der Aufstieg in die Dritte Liga klappen.

Besteht denn gegen die Zebras ein Hauch von Sensationspotenzial? "Nein, gewinnen können wir nicht", sagt Holtmann. "Der Unterschied zwischen Amateuren und Profis ist viel größer als früher. Aber wir wollen unsere Konzepte durchsetzen, uns gut verkaufen und den THW vielleicht ein bisschen ärgern." Der Coach will alle Spieler einsetzen, allen die Möglichkeit geben, dieses Spiel mitzuerleben. Ein Spiel, das für ihn eigentlich zur Unzeit kommt. "Wir beginnen ja erst drei Wochen später mit der Saison als die Bundesliga, ich musste die gesamte Trainingsplanung umstellen", sagt er. "Aber das nimmt man natürlich gern in Kauf." Probleme mit der Einstellung gibt es ohnehin nicht. "Nee, motivieren muss ich die alle gar nicht. Und fit sind auch alle. Aber zu diesem Spiel könnte ich die Spieler auch im Rollstuhl auf die Platte fahren."

Und einen Vorteil sieht Holtmann gegenüber dem großen THW: "Jeder Einzelne von uns kennt die Kieler besser, als sie uns kennen, jeder hat sie oft genug gesehen", erklärt er. THW-Coach Alfred Gislason bestätigt das. "Das wird schwierig, denn ich kenne diese Mannschaft gar nicht", gibt der Isländer zu, für den das Pokalwochenende trotz des Pflichtspielcharakters "natürlich auch noch ein bisschen Vorbereitung" ist. Aber: "Wir werden uns auf das Spiel gegen Spenge genauso vorbereiten wie auf eine Partie gegen Barcelona." Während René Toft Hansen in Kiel geblieben ist, hat Patrick Wiencek nach seiner Augenverletzung die Reise nach Ostwestfalen zumindest mit angetreten. "Mal sehen, wie viel er spielen kann - wahrscheinlich kommt er eher im Finale zum Einsatz", sagt Gislason, der nach erfolgreich gestaltetem Halbfinale mit einem Endspiel gegen den Zweitligisten Dessau-Roßlauer HV rechnet. "Das wäre wohl normal. Aber wir müssen unser Spiel erst einmal gewinnen." Für den THW ist es eine Pflichtaufgabe, für den TuS Spenge das Spiel des Lebens.

(Von Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 19.08.2017, Foto: Archiv/Sascha Klahn)