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KN: Weinhold ist wieder da – und wie!

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KN: Weinhold ist wieder da - und wie!

Kiel. Der Plan ist voll in die Hose gegangen. Fünf Minuten pro Halbzeit wollte Alfred Gislason, Trainer des Handball-Rekordmeisters THW Kiel, Steffen Weinhold im Achtelfinale der Champions League am Mittwoch einsetzen? Es wurden zehn vor und 20 nach der Pause. Der Linkshänder feierte nach 100-tägiger Leidenszeit ein fulminantes Comeback. Keines, das sich in Toren misst oder Assists, in geblockten Bällen oder herausgeholten Siebenmetern. Die Maßeinheiten dieser Rückkehr aufs Parkett sind andere: Präsenz, Autorität, Charisma.

Der Linkshänder vom THW Kiel feierte sein Comeback

Wieder eine dieser wundersamen Geschichten bei den Zebras. Erst im Dezember hatte sich Weinhold im Spiel gegen Magdeburg einen Syndesmoseriss im rechten Sprunggelenk zugezogen, die WM im Januar verpasst, sich im Winter durch Reha, Aufbautraining, Behandlungen gekämpft. Im Januar hatten der gebürtige Franke und Ehefrau Ina ihr erstes Kind - den kleinen Jakob - bekommen. Schlaflose Nächte gibt’s bei dem Kieler Halbrechten deswegen keine: "Ich kann durchschlafen, für Ina ist es schlimmer", sagt Weinhold und lacht. Und auch wenn er während seiner Verletzung weniger Auswärtsreisen zu absolvieren hatte, waren die Tage lang: "In der Reha ist man mehr unterwegs als im normalen Trainingsalltag, aber abends hatte ich dann immer zwei, drei Stunden mit Jakob." Gerade erst drei-, viermal hatte Weinhold zuletzt im Training den Ball in die Hand genommen. Ein Kurzeinsatz? Warum nicht!? Aber mehr? "Das Fangen und Werfen verlernt man nicht", sagte der 30-Jährige am Tag nach dem Löwen-Fight gelassen wie einer, der schon alles gesehen hat. Bei der Europameisterschaft 2016 hatte sich der damalige Kapitän der Nationalmannschaft aufgeopfert, einen Muskelbündelriss im Adduktorenbereich davongetragen. Im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League in Barcelona war er später mit gebrochener Hand in die Schlacht gezogen. Und 2017? Das Sprunggelenk hat gehalten, auch wenn der Rückraumspieler nach der Partie behandelt werden musste und am nächsten Morgen als Reaktion auf die Frage, ob er sich denn wieder bewegen könne, scherzt: "Ich sitze zum Glück im Auto." Spritzigkeit und Schnelligkeit fehlten noch, doch in erster Linie gehe es eher doch darum, "dass der Kopf bereit ist, die Verletzung auszuschalten". War er offenbar, denn am Mittwoch dauerte es nur wenige Minuten, bis Weinhold eindrucksvoll an seine eigene Unverzichtbarkeit erinnerte. Nach zehn Minuten Spielzeit und einem Tor während der ersten Halbzeit blieb der Nationalspieler nach der Pause zunächst auf der Bank, kam dann nach 40 Minuten wieder rein, als das Kieler Spiel in Harmlosigkeit zu erliegen drohte. Sein unmittelbares 14:19 rüttelte alle Zebras auf. Während andere mit sich, den Schiedsrichtern, dem fast aussichtslosen Rückstand haderten, marschierte Steffen Weinhold einfach voran. "Er ist extrem wichtig für uns, sehr spielstark und beweglich. Er bedeutet für uns im Angriff in erster Linie Bewegung, er ist schneller auf den Beinen, ein ganz anderer Spielertyp als Marko Vujin", sagt Alfred Gislason. Kaum zu übersehen: Weinhold brachte die offensive Löwen-Abwehr in Bewegung, übte permanenten Druck aus, übernahm Verantwortung, überstrahlte in den Phasen, in denen er glänzte, alles. Gut, hier und da holperte es noch, und ein bisschen Glück war bei diesem rettenden "Dreier" auch dabei, als zuerst ein Schlagwurf der Kieler Nummer 13 ins lange Eck an Andreas Palicka vorbeizischte (20:23/52.), Weinhold gleich einen weiteren Schlagwurf folgen ließ (21:23/54.), um sich dann im Eins-gegen-Eins gegen Kim Ekdahl du Rietz durchzusetzen (22:23/57.). Aber diese Tore bedeuteten für den THW die Rettung und für THW-Torwart Andreas Wolff folgenden Rückschluss: "Mit Steffen wären die letzten Spiele anders abgelaufen. Er ist eine Maschine, einer der besten auf seiner Position überhaupt." (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 24.03.2017, Foto: Sascha Klahn)