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KN: Wiencek – Kieler Wahrzeichen

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KN: Wiencek - Kieler Wahrzeichen

Kiel. So ein paar Kilo im Arm - da strahlt Patrick Wiencek. Seit ein paar Tagen kann der 28-Jährige den kleinen Paul (geboren am 30. Januar) an sein Herz drücken. Und jetzt kommt auch noch die "Sportler des Jahres"-Trophäe hinzu. Da kommt der Abwehrchef des Handball-Rekordmeisters THW Kiel aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus: "Das ist eine Riesen-Ehre."

Das Zebra fühlt sich wohl an der Förde

Vielleicht auch, weil das für die Abstimmung maßgebliche Jahr 2017 eher ein durchwachsenes Jahr. Das WM-Aus empfand Wiencek, der von seinen Mitspielern "Piet" gerufen wird, als "bitter", die Saison mit dem THW als "nicht zufriedenstellend" trotz des Pokalsieges. THW-Coach Alfred Gislason bezeichnete seinen 2,01 Meter großen Defensivriesen als "Spieler der Saison". Nicht nur wegen der 140 Tore dieses "unkaputtbaren" Kolosses, der mit den Zebras seit seiner Ankunft 2012 schon dreimal deutscher Meister (2013-2015) und zweimal Pokalsieger (2013, 2017) wurde. Nein, Nationalspieler und Olympia-Bronze-Boy Wiencek, der es mittlerweile in Kiel auf 580 Treffer in 265 Spielen bringt, hat das gewisse Etwas.

Rathausturm, Fernsehturm, Abwehrturm - der gebürtige Duisburger ist unter dem Dach der Sparkassen-Arena längst so etwas wie ein neues Kieler Wahrzeichen geworden. Kein "heimlicher Kapitän", wenn Domagoj Duvnjak verletzt fehlt. Eher einer, der nach außen wirkt, Bindeglied ist zwischen Mannschaft und Fans. Der den Moment spürt, in dem ein Spiel zu kippen droht und die Zebras den "achten Mann" auf den Rängen brauchen. Bei dem sich im sechsten Jahr an der Ostsee ein Kieler Gen herausgebildet hat. "Ich habe nie gedacht, dass ich so lange an einem Ort bleiben würde, obwohl ich das eigentlich sehr gern mag. Und ich fühle mich in Kiel wohler als sonst irgendwo. Kiel ist Lebensmittelpunkt, ganz klar."

Schöner könnte eine Liebeserklärung für die Landeshauptstadt nicht sein. Die Familie Wiencek hat sich aufs Bleiben eingerichtet, sich in Molfsee vor den Toren der Stadt niedergelassen. Wienceks Ehefrau Fabiane ist beruflich verankert, die kleine Lotta (3) geht in den Kindergarten, mit Baby Paul sind die Wienceks jetzt vier, wenn sie einen ihrer geliebten Spaziergänge am Kanal genießen. Momentan muss der Kreisläufer ganz schön rotieren, alles unter einen Hut bringen: Training, Einkaufen, Lotta aus der Kita holen, zwischendurch ein Auswärtsspiel in Hüttenberg hier, eine Nachtschicht mit dem schreienden (und zu wickelnden) Paul da. Familienmensch Patrick Wiencek lächelt die Anstrengung einfach weg. Er, der stoische Kämpfer im defensiven Zentrum, kennt sich aus mit viel Last auf seinen Schultern. Er, der in der Abwehr gern Zeichen setzt, sich auf Hendrik Pekeler freut ("Einer der besten Europas"). 2014 durfte er schon einmal ganz vorne bei der Sportlerwahl mitmischen, wurde Zweiter damals hinter Filip Jicha. "Damals habe ich Filip ganz schön beneidet", sagt Wiencek heute.

Jetzt hat er es geschafft, ist der beliebteste Sportler an der Förde. Abgehakt! Aber Pläne hat er darüber hinaus noch eine Menge. Zuallererst einmal: bleiben. "Es gibt ja keine bessere Mannschaft als den THW", sagt er und grinst. Die Details schiebt er gleich hinterher: "Wir haben einen Umbruch hinter uns, und Alfred hat es geschafft, dass wir trotzdem immer oben mitgespielt haben. Ich hoffe, dass bis 2021 noch einige Titel für mich hinzukommen werden. Die Champions League zu gewinnen, wäre das Größte." 2021, dann läuft der Vertrag des 28-Jährigen aus, dann sind neun Jahre in Kiel um, dann fehlt nur noch eins für zehn Jahre und das eigene Konterfei unter der Hallendecke. Dort würde Wiencek in einer Reihe mit den ganz Großen stehen. Der perfekte Platz für ein Kieler Wahrzeichen.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 12.02.2018, Foto: Sascha Klahn)